Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Stundung
Stundung
Normen
Kurzinfo
Beiträge zur Sozialversicherung darf die Krankenkasse nur dann stunden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für den Beitragsschuldner verbunden ist und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird. Darüber hinaus soll die Stundung nur gegen angemessene Verzinsung und gegen ausreichende Sicherheitsleistung gewährt werden. Die Krankenkasse hat dabei auch die Interessen der Träger der Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zu berücksichtigen.
Information
Grundsätzlich entscheidet die Krankenkasse über den Stundungsantrag des Beitragsschuldners. Hat die Krankenkasse einem Beitragsschuldner jedoch für länger als zwei Monate Beitragsansprüche (Gesamtsozialversicherungsbeiträge) gestundet, deren Höhe insgesamt die jährliche Bezugsgröße (2022 unverändert 39.480,00 EUR (West) bzw. 37.800,00 EUR (Ost)) übersteigt, ist sie verpflichtet, bei der nächsten Monatsabrechnung die Deutsche Rentenversicherung sowie die Bundesagentur für Arbeit (BA) über die Höhe der auf sie entfallenden Beitragsansprüche sowie über den Zeitraum der Stundung zu informieren. Eine weitere Stundung darf die Krankenkasse grundsätzlich nur im Einvernehmen mit den zuständigen Trägern der Rentenversicherung sowie der BA vornehmen.
Hinsichtlich der BA gilt die Besonderheit, dass Anträge auf Stundung oder Niederschlagung von Beitragsansprüchen von den Einzugsstellen generell der BA nicht mehr vorgelegt werden müssen; zu Erlassen sowie zu Vergleichen von Beitragsansprüchen hat die BA darüber hinaus ihr generelles Einvernehmen bis zu einem Betrag von 500.000,00 EUR erteilt, sodass auch derartige Anträge insoweit der BA nicht mehr vorgelegt werden müssen.
Näheres zu den Voraussetzungen einer Stundung von Beitragsansprüchen hat der GKV-Spitzenverband in den "Einheitlichen Grundsätzen zur Erhebung von Beiträgen, zur Stundung, zur Niederschlagung und zum Erlass sowie zum Vergleich von Beitragsansprüchen (Beitragserhebungsgrundsätze)" vom 17.02.2010 geregelt.
Stundung von Beiträgen während der Corona-Pandemie in Deutschland
Die Corona-Pandemie in Deutschland führt zu erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen in zahlreichen Betrieben und Unternehmen. Die Absage von Messen und Großveranstaltungen sowie der Rückgang der Reisetätigkeit wirken sich zunehmend auf die Dienstleistungsbranche, insbesondere auf Logistik, Handel, Gaststätten sowie Tourismus aus. Zugleich geht die Auslandsnachfrage zurück und nationale sowie internationale Lieferketten werden gestört; die Auswirkungen zeigen sich bereits in Form eines deutlichen Rückgangs der hiesigen Produktion. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung ein breit aufgestelltes Maßnahmenpaket zur Abfederung der Auswirkungen des Corona-Virus auf den Weg gebracht.
Stundungen von März bis Mai 2020
Parallel hierzu wurde seitens der Krankenkassen den betroffenen Arbeitgebern Unterstützung in Form eines unbürokratischen Stundungsverfahrens angeboten. Dabei wurden zunächst die Beiträge für die Monate März bis Mai 2020 im sog. vereinfachten Verfahren gestundet; die Besonderheit bestand darin, dass grundsätzlich keine Stundungszinsen berechnet wurden, auf Sicherheitsleistungen verzichtet wurde und in aller Regel auch keine Ratenzahlungen gefordert wurden. Voraussetzung war allerdings, dass vorrangig die seitens der Bundesregierung zur Verfügung gestellten Hilfspakete der verschiedenen Rettungsschirme in Anspruch genommen wurden.
Stundungen seit Juni 2020
Bestanden die wirtschaftlichen Schwierigkeiten aufgrund der Corona-Pandemie auch weiterhin und konnten die ggf. bereits gestundeten Beiträge oder die laufenden Beiträge seit Juni 2020 nicht oder nicht vollständig gezahlt werden, bestand auch weiterhin die Möglichkeit der Beitragsstundung. Im Vordergrund stand dabei der Abschluss einer Stundungs- bzw. Ratenzahlungsvereinbarung. Sofern eine solche Vereinbarung bis zum 30.09.2020 geschlossen wurde, in der auch monatliche Ratenzahlungen bzw. Teilzahlungen vereinbart wurden, sind auch weiterhin keine Stundungszinsen zu zahlen. Darüber hinaus sind bei Stundungs- bzw. Ratenzahlungsvereinbarungen, die bis 30.09.2020 geschlossen wurden, in aller Regel keine Sicherheitsleistungen zu erbringen; Voraussetzung ist jedoch, dass vor Ausbruch der Corona-Pandemie die Beiträge regelmäßig gezahlt wurden.
Die erleichterte Stundung von Beiträgen gilt nicht nur für die von den Arbeitgebern zu zahlenden Gesamtsozialversicherungsbeiträgen; sie gilt gleichermaßen auch für Mitglieder, die ihre Beiträge selbst zu zahlen haben (z.B. freiwillige Mitglieder).
Stundungen seit November 2020
Angesichts der Pandemieentwicklung in Deutschland wurden weitere weitergehende Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beschlossen. Dabei wurde sich u. a. darauf verständigt, in der Zeit seit 02.11.2020 deutschlandweit Institutionen und Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzuordnen sind, Gastronomiebetriebe sowie Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen und ähnliche Einrichtungen sowie Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe zu schließen. Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, wurden untersagt. In einem weiteren Beschluss wurde zur weiteren Eindämmung des Infektionsgeschehens vereinbart, weite Teile des Einzelhandels gleichermaßen zu schließen. Zwischenzeitlich wurden in nahezu allen Bereichen und Branchen Lockerungen unter teils strengen Hygieneauflagen vereinbart.
Für die von den Schließungen betroffenen Unternehmen, Betriebe, Selbstständige, Vereine und Einrichtungen gewährt der Bund außerordentliche Wirtschaftshilfen, um sie für finanzielle Ausfälle zu entschädigen. Allerdings konnte angesichts der Anzahl der betroffenen Unternehmen nicht ausgeschlossen werden, dass die Beantragung und Bewilligung der in Aussicht gestellten Wirtschaftshilfen einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Gleiches galt – sofern Kurzarbeitergeld beantragt wurde – hinsichtlich der Erstattung der auf das Kurzarbeitergeld entfallenden und vom Arbeitgeber zu tragenden Beiträge. In der Folge konnte es zu temporären Liquiditätsengpässen auf Seiten der betroffenen Unternehmen kommen, die gleichermaßen Auswirkungen auf die Erfüllung der Beitragszahlungsverpflichtungen gegenüber der Sozialversicherung entfalteten.
Vor diesem Hintergrund haben die Krankenkassen den betroffenen Unternehmen, die sich bis zum Zufluss der für sie bereit gestellten Wirtschaftshilfen in ernsthaften Zahlungsschwierigkeiten befinden, einen erleichterten Stundungszugang angeboten. Voraussetzung hierfür war allerdings, dass vorrangig die bereitgestellten Wirtschaftshilfen einschließlich des Kurzarbeitergeldes genutzt wurden. Entsprechende Anträge waren vor dem Stundungsantrag zu stellen. Danach galt:
- Auf Antrag des betroffenen Arbeitgebers konnten die Beiträge für die Ist-Monate November 2020 bis Juni 2021 in einem vereinfachten Verfahren gestundet werden, das insbesondere einen niedrigschwelligen Zugang in die Stundung ermöglichte. Die Stundungen konnten grundsätzlich längstens bis zum Fälligkeitstag für die Beiträge des Monats Juli 2021 gewährt werden.
- Einer Sicherheitsleistung bedurfte es für die Stundungen nicht.
- Die Stundungen konnten längstens bis zum Fälligkeitstag für die Beiträge des Monats Januar 2021 gewährt werden.
- Einer Sicherheitsleistung bedurfte es für die Stundungen nicht.
- Stundungszinsen waren nicht zu berechnen.
- Bestehende Ratenzahlungsvereinbarungen, die angesichts der aktuellen Situation nicht oder nicht vollständig erfüllt werden können, konnten ausgesetzt oder reduziert werden.
Im Falle beantragter Kurzarbeit endete die Stundung der auf das Kurzarbeitergeld entfallenden Beiträge zur Sozialversicherung, sobald der Arbeitgeber die Erstattung für diese Beiträge von der Bundesagentur für Arbeit erhalten hatte. Die Beiträge waren nach Erstattung durch die Bundesagentur für Arbeit unverzüglich an die Einzugsstellen weiterzuleiten.
Für die Zeit seit Juli 2021 wurde angesichts der sich zunächst insgesamt entspannenden Pandemie-Situation sowie der damit verbundenen Öffnungsperspektiven für die bislang betroffenen Unternehmen das sog. vereinfachte Stundungsverfahren nicht weiter vorgehalten. Vielmehr konnten die Beiträge – sofern erforderlich – im Regelstundungsverfahren gestundet werden, das aber weiterhin für die Zeit bis 30.09.2021 niedrigschwellig ausgestaltet war. So wurden an den Nachweis der Betroffenheit und des Vorliegens einer besonderen Härte reduzierte Anforderungen gestellt und die Erhebung von Stundungszinsen in Abhängigkeit vom Zahlungsverhalten des Arbeitgebers gestellt.
Angesichts der sich Anfang 2022 erneut verschärfenden Situation wurde das vereinfachte Stundungsverfahren erneut vorgehalten. Auf Antrag des betroffenen Arbeitgebers können die Beiträge für die Ist-Monate Februar 2022 bis April 2022 in einem vereinfachten Verfahren gestundet werden, das erneut einen niedrigschwelligen Zugang in die Stundung ermöglicht. Die Stundungen können grundsätzlich längstens bis zum Fälligkeitstag für die Beiträge des Monats Mai 2022 gewährt werden.
Stundungen aufgrund der Hochwasserkatastrophe in Deutschland
Durch die Hochwasserkatastrophe in Deutschland waren in einigen Bundesländern – insbesondere in Nordrhein-Westfalen sowie in Rheinlad-Pfalz – im Sommer 2021 erhebliche Schäden entstanden; angesichts der zunächst anhaltend angespannten Situation war mit weiteren erheblichen Schäden zu rechnen.
Vor diesem Hintergrund wurde den vom Hochwasser unmittelbar und nicht unerheblich betroffenen Arbeitgebern aufgrund dieser besonderen Ausnahmesituation ein vereinfachtes Stundungsverfahren angeboten. Dabei galt:
- Auf Antrag des Arbeitgebers konnten die fällig gewordenen Beiträge für die Ist-Monate Juli 2021 bis März 2022 gestundet werden.
- Einer Sicherheitsleistung bedurfte es für diese Stundungen nicht.
- Stundungszinsen waren nicht zu berechnen.
Erfasst wurden hiervon auch Beiträge, die bereits vor dem genannten Zeitraum fällig wurden, und zwar unabhängig davon, ob bereits eine Stundungsvereinbarung geschlossen oder andere Maßnahmen eingeleitet wurden. An den Nachweis, "nicht unerheblich betroffen zu sein", waren keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Als Nachweise kommen beispielsweise
- eine Bestätigung der Gemeinde, dass der Arbeitgeber von dem Hochwasser betroffen ist,
- Fotos des Betriebsgebäudes, auf denen die Beschädigungen sichtbar sind oder auch
- eine nach den örtlichen Verhältnissen glaubhafte Erklärung des Arbeitgebers, dass er erheblichen finanziellen Schaden durch das Hochwasser erlitten hat.
Von der Erhebung von Säumniszuschlägen oder Mahngebühren wurde für den vorgenannten Zeitraum abgesehen werden. Soweit Säumniszuschläge und ggf. Mahngebühren erhoben wurden, sollten sie auf Antrag des Arbeitgebers erlassen werden. Von Vollstreckungsmaßnahmen konnte bis zum 31.03.2022 bei allen rückständigen oder bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdenden Beiträgen abgesehen werden.
Im Übrigen gelten die vorgenannten Hilfestellungen und Unterstützungsmaßnahmen gleichermaßen für Mitglieder der GKV, die ihre Beiträge selbst zu zahlen haben.
Siehe auch
InsolvenzSäumniszuschläge