Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Die Inhalte des Bereichs „Fachwissen SV“ geben Ihnen kostenlos Auskunft zu allen Themen der Sozialversicherung. Sie sind ein exklusives Angebot für eingeloggte Nutzer.
Jetzt einloggen:
Sie sind noch nicht registriert?
BFH, 28.03.1979 - I R 19/76 - Steuerermäßigung; Tilgung eines Darlehns; Kündigung eines Darlehns
Bundesfinanzhof
Urt. v. 28.03.1979, Az.: I R 19/76
Steuerermäßigung; Tilgung eines Darlehns; Kündigung eines Darlehns
Fundstellen:
BFHE 127, 567 - 568
BStBl II 1979, 506
DB 1979, 1540 (Volltext mit amtl. LS)
BFH, 28.03.1979 - I R 19/76
Amtlicher Leitsatz:
Die Steuerermäßigung nach § 17 Abs. 2 BHG 1964 entfällt, wenn der Schuldner das Darlehen aufgrund einer Kündigung nach § 247 Abs. 1 BGB vor Ablauf von zehn Jahren seit der Hingabe des Darlehens zurückbezahlt.
Tatbestand:
1
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine AG, hatte der X-AG im Januar 1 967 Darlehen im Sinne des § 17 Abs. 2 des Berlinhilfegesetzes vom 19. August 1964 - BHG 1964 - (BGBl I 1964, 674, BStBl I 1964, 510) zu einem jährlichen Zinssatz von 7 1/2 % gegeben. Die Darlehen waren anteilig von den Erwerbern der von der X-AG hergestellten Bauten übernommen worden. Die Körperschaftsteuer 1967 der Klägerin war gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 BHG ermäßigt worden.
2
In den Jahren 1970 bis 1973 kündigte eine Reihe von Darlehensschuldnern das Kapital nach § 247 Abs. 1 BGB. Bis zum 31. Dezember 1973 wurden davon Darlehen mit einem Gesamtursprungsbetrag von 358 873 DM betroffen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nahm insoweit eine schädliche vorzeitige Rückzahlung der Darlehen an. In dem nach § 4 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1967 vom 26. Mai 1975 machte er die gewährte Steuerermäßigung wegen eines Teilbetrags der Darlehen in Höhe von 358 873 DM rückgängig.
3
Die Klägerin erhob dagegen Sprungklage, der das FA fristgerecht zustimmte. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1976 S. 114 (EFG 1976, 114) veröffentlicht.
4
Mit der Revision rügt die Klägerin die unrichtige Anwendung des § 17 Abs. 3 BHG und beantragt, das angefochtene Urteil des FG aufzuheben, den berichtigten Körperschaftsteuerbescheid 1967 vom 26. Mai 1975 aufzuheben und den Körperschaftsteuerbescheid 1967 vom 21. März 1973 mit einer Körperschaftsteuerschuld von 583 367 DM wieder herzustellen.
5
Die Klägerin ist der Meinung, § 17 Abs. 3 BHG enthalte eine Gesetzeslücke. Diese Vorschrift müsse so ausgelegt werden, daß der Darlehensgeber die Steuervergünstigung auch im Falle einer vorzeitigen Kündigung des Schuldners aufgrund des § 247 Abs. 1 BGB behalte, da es dem Darlehensgeber in diesem Falle unmöglich sei, die Bedingungen des § 17 Abs. 3 BHG zu erfüllen. Durch die Rückzahlung bzw. Teilrückzahlung von Darlehen durch die Schuldner werde der Gesetzeszweck nicht vereitelt. Es sei zweckentsprechend (Wohnungsbau) investiert worden.
6
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
7
Der Körperschaftsteuerbescheid für 1967 vom 26. Mai 1975 wurde am 15. Juni 1978 vom FA gemäß § 175 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geändert, weil laut Erläuterungen zu der Steuerfestsetzung infolge außerplanmäßiger Tilgung der Darlehen für einen weiteren Teilbetrag von 578 871 DM die Steuerermäßigung gemäß § 17 BHG entfallen sei.
8
Die Klägerin hat beantragt, diesen geänderten Bescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.
Entscheidungsgründe
9
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 127 FGO).
10
Das FG hat die Rechtsfrage im Ergebnis zutreffend entschieden. Die Steuerermäßigung nach § 17 Abs. 2 BHG entfällt, wenn der Schuldner das Darlehen aufgrund einer Kündigung nach § 247 Abs. 1 BGB vor Ablauf von zehn Jahren seit der Hingabe des Darlehens zurückbezahlt.
11
Die Ermäßigung der Körperschaftsteuer ist an die Gewährung unverzinslicher (§ 17 Abs. 1 BHG 1964) oder verzinslicher Darlehen (§ 17 Abs. 2 BHG 1964) mit einer Mindestlaufzeit von 10 bzw. 25 Jahren geknüpft. Nach § 17 Abs. 3 Satz 3 1. Halbsatz BHG 1964 ist Bedingung für die Vergünstigung, daß die Darlehen nicht vorzeitig innerhalb der vereinbarten Laufzeit zurückgezahlt werden. In § 17 Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz BHG 1964 sieht das Gesetz eine Ausnahme von dieser Bedingung vor. Diese Ausnahme bezieht sich auch auf Fälle der Darlehensgewährung nach Abs. 1.
12
Darin, daß § 17 Abs. 3 BHG nicht auch die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens aufgrund des § 247 Abs. 1 BGB für steuerunschädlich erklärt, kann keine Gesetzeslücke gesehen werden. Der Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig. Ein diesem Wortlaut widersprechender Zweck der Regelung hat im Gesetz keinen Ausdruck gefunden. § 247 Abs. 1 BGB wird nur für Schulden mit einem höheren Zinssatz als 6 % für das Jahr, also nicht in den Fällen des § 17 Abs. 1 BHG 1964, relevant. Schon der Umstand, daß § 247 Abs. 1 BGB nur die Fälle des § 17 Abs. 2 BHG 1964 erfaßt, spricht gegen die Annahme einer ungewollten Lücke.
13
Mit § 17 Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz BHG 1964 sollte nicht eine Ausnahme von der Bedingung des 1. Halbsatzes des § 17 Abs. 3 Satz 3 BHG 1964 für jede nicht abdingbare Kündigungsmöglichkeit des privaten Rechts geschaffen werden. Das ergibt sich daraus, daß nicht eine bestimmte Kündigungsvorschrift, etwa § 18 Abs. 2 des Hypothekenbankgesetzes, als Ausnahmetatbestand angeführt wird. Das Gesetz spricht vielmehr allgemein die Steuerunschädlichkeit bei vorzeitiger Rückzahlung nach Ablauf von zehn Jahren seit der Hingabe des Darlehens aus und geht damit über den Tatbestand des § 18 Abs. 2 des Hypothekenbankgesetzes hinsichtlich des dort betroffenen Personenkreises hinaus.
14
Das FA hat daher zu Recht die Steuerermäßigung wegen der Teilbeträge der Darlehen rückgängig gemacht, die vor Ablauf der Zehnjahresfrist des § 17 Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz BHG 1964 von den Schuldnern zurückbezahlt wurden.
15
Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, weil die dem Änderungsbescheid vom 15. Juni 1978, den die Klägerin nach § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat, zugrunde liegenden Tatsachen vom FG noch nicht geprüft und daher auch nicht festgestellt werden konnten (§ 118 Abs. 2 FGO). Die Sache muß an das FG zurückverwiesen werden (§ 127 FGO).