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BSG, 05.10.2022 - B 11 AL 8/22 B - Entscheidung über eine Abzweigung gemäß § 48 SGB I; Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Bundessozialgericht
Beschl. v. 05.10.2022, Az.: B 11 AL 8/22 B
Entscheidung über eine Abzweigung gemäß § 48 SGB I; Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Verfahrensgang:
vorgehend:
LSG Berlin-Brandenburg - 19.01.2022 - AZ: L 18 AL 206/17
SG Berlin - 17.10.2017 - AZ: S 52 AL 733/16
BSG, 05.10.2022 - B 11 AL 8/22 B
in dem Rechtsstreit
BSG Az.: B 11 AL 8/22 B
LSG Berlin-Brandenburg 19.01.2022 - L 18 AL 206/17
SG Berlin 17.10.2017 - S 52 AL 733/16
………………………………………,
Kläger und Beschwerdeführer,
Prozessbevollmächtigte: ………………………………………,
g e g e n
Bundesagentur für Arbeit,
Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg,
Beklagte und Beschwerdegegnerin,
beigeladen:
1. ………………………………………,
2. ……………………………………….
Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat am 5. Oktober 2022 durch
die Vizepräsidentin Dr. M e ß l i n g sowie die Richter Dr. B u r k i c z a k und Dr. S c h m i d t
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Januar 2022 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger weder den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch eine Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) in der gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 SGG).
2
1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
3
Daran fehlt es. Die Beschwerdebegründung formuliert bereits keine aus sich heraus verständliche abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts mit höherrangigem Recht (siehe zu diesem Maßstab Senatsbeschluss vom 4.1.2022 - B 11 AL 58/21 B - RdNr 3 mwN). Ihr ist lediglich zu entnehmen, dass es der Kläger für klärungsbedürftig hält, wie zu verfahren ist, wenn eine "Abzweigung von Sozialleistungen für Unterhaltspflichten mit rechtswidrigen Vollstreckungsmaßnahmen für den Unterhalt derselben Personen" zusammentrifft. Sie zeigt aber nicht auf, inwieweit diese Konstellation, deren Beschreibung ersichtlich von der klägerischen Einschätzung der Umstände des Einzelfalls geprägt ist, eine in der Praxis in nennenswertem Umfang auftretende Fallgruppe darstellt. Daher fehlt es auch an der Darlegung der Breitenwirkung. Die Beschwerdebegründung, die davon ausgeht, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung seien bei einer auf § 48 SGB I gestützten Verwaltungsentscheidung die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, führt schließlich auch nicht aus, welche weitere abstrakte Klärung der Rechtslage in einem Revisionsverfahren herbeigeführt werden könnte.
4
2. Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl 2022, § 160 RdNr 121).
5
Auch diese Anforderungen sind nicht erfüllt. Der Kläger entnimmt der Rechtsprechung des BSG den Rechtssatz, "dass es bei der Entscheidung über eine Abzweigung gemäß § 48 SGB I einer pflichtgemäßen Ermessensausübung bedarf". Er behauptet aber nicht, dass das LSG davon grundsätzlich abgewichen sei; vielmehr lässt sich der Beschwerdebegründung ausdrücklich entnehmen, dass das Berufungsgericht eine "Prüfung des Ermessens" angestellt habe. Deren Ergebnis im Einzelfall vermag keine Divergenz zu begründen. Dasselbe gilt, soweit der Kläger resümiert, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei "eine Abzweigungsentscheidung wegen Ermessensfehlers aufzuheben", "wenn die Behörde bei der Ermessensausübung wesentliche Gesichtspunkte nicht berücksichtigt" habe. Auch diesem Rechtssatz wird kein widersprechender abstrakter Rechtssatz des LSG gegenübergestellt.
6
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.
Dr. Meßling
Dr. Burkiczak
Dr. Schmidt
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