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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Tit. B.1.1.3.2 RdSchr. vom 29.06.2022, Besonderheiten
Tit. B.1.1.3.2 RdSchr. vom 29.06.2022
Grundsätzliche Hinweise Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Regelungen für Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und gesetzliche Renten aus dem Ausland bei Versicherungspflichtigen
Tit. B.1.1 – Beitragspflichtige Einnahmen → Tit. B.1.1.3 – Verfahren der Beitragsfestsetzung aus dem Arbeitseinkommen
Tit. B.1.1.3.2 RdSchr. vom 29.06.2022 – Besonderheiten
(1) Für die Fälle, bei denen eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen wird (Existenzgründer), findet die Regelung des § 240 Absatz 4a Satz 2 SGB V Anwendung. Danach werden in diesem Fall die Beiträge (aus dem Arbeitseinkommen) auf der Grundlage der nachgewiesenen voraussichtlichen Einnahmen vorläufig festgesetzt. Eine konkrete Form der Nachweisführung ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Als Nachweise sind zum Beispiel Erklärungen von Steuerberatern, finanz- und betriebswirtschaftliche Auswertungen oder auch die sorgfältige und gewissenhafte Schätzung der zu erwartenden Einnahmen durch das Mitglied selbst zu akzeptieren. Liegt der Einkommensteuerbescheid für das Jahr der Existenzgründung vor, werden die Beiträge, wie auch sonst vorgesehen, auf der Grundlage der tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen für dieses Jahr endgültig festgesetzt.
(2) Wird eine selbstständige Tätigkeit nicht mehr hauptberuflich, sondern "nebenberuflich" ausgeübt und erfolgt daher ein Wechsel von der freiwilligen Versicherung oder Pflichtversicherung nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V in die bzw. eine andere Pflichtversicherung, zum Beispiel in die Krankenversicherung der Rentner, findet insofern eine versicherungs- und beitragsrechtliche Zäsur statt. Dies rechtfertigt es, der Beitragsbemessung aus dem Arbeitseinkommen nicht mehr das aus dem letzten Einkommensteuerbescheid hervorgehende - höhere - Arbeitseinkommen, sondern das voraussichtliche aktuelle - niedrigere - Arbeitseinkommen zu Grunde zu legen und auf dieser Grundlage die Beiträge wie bei Personen, die erstmals eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen, vorläufig festzusetzen. Die vorläufige Beitragsfestsetzung aus dem Arbeitseinkommen ab dem Zeitpunkt des Statuswechsels im Wege der analogen Anwendung der Regelung des § 240 Absatz 4a Satz 2 SGB V findet auf der Grundlage derselben Unterlagen statt, die für die Entscheidung über den Statuswechsel relevant waren.
(3) Sobald der Einkommensteuerbescheid für das Veranlagungsjahr vorliegt, in dem sich der Wechsel von der haupt- zur nebenberuflichen selbstständigen Tätigkeit vollzogen hat, wird rückwirkend eine endgültige Beitragsfestsetzung vorgenommen. Das Mitglied hat dann glaubhaft zu machen, welcher Teil des aus dem Einkommensteuerbescheid hervorgehenden Arbeitseinkommens auf den Teil des Kalenderjahres entfällt, in dem die Tätigkeit nebenberuflich ausgeübt wurde. Das sich daraus ergebende durchschnittliche monatliche Arbeitseinkommen ist für die endgültige Beitragsfestsetzung ab dem Zeitpunkt des Wechsels von der haupt- zur nebenberuflichen selbstständigen Tätigkeit zugrunde zu legen. Gleichzeitig sind die Beiträge für die vorangegangene Zeit der freiwilligen Versicherung in dem Jahr ebenfalls endgültig festzusetzen, sofern dies nicht bereits der Fall ist (§ 240 Absatz 4a Satz 6 SGB V).
Beispiel
Ausübung einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit und freiwillige Mitgliedschaft seit | 01.03.1990 | ||
Bezug einer Regelaltersrente ab | 01.04.2020 | ||
Vorversicherungszeit für die KVdR erfüllt. | |||
Endgültige Beitragsfestsetzung in der freiwilligen Versicherung bis | 31.12.2020 | ||
Vorläufige Beitragsfestsetzung in der freiwilligen Versicherung ab | 01.01.2021 | ||
Wechsel von der haupt- zur nebenberuflich selbstständigen | |||
Tätigkeit (gleichzeitig Wechsel von der freiwilligen Versicherung in die Versicherungspflicht in der KVdR) zum | 01.08.2022 | ||
⤷ | Ende der vorläufigen Festsetzung der Beiträge aus dem Arbeitseinkommen (zuletzt auf der Basis des Einkommensteuerbescheides für 2020) zum | 31.07.2022 | |
⤷ | Neue vorläufige Festsetzung der Beiträge aus dem Arbeitseinkommen ab | 01.08.2022 | |
Eingang des Einkommensteuerbescheides für 2021 vom 05.10.2022 am | 10.11.2022 | ||
⤷ | Endgültige Festsetzung der Beiträge für 2021, keine Auswirkung auf die Festsetzung der Beiträge für das Jahr 2022 | ||
Eingang des Einkommensteuerbescheides für 2022 vom 10.11.2023 am | 20.12.2023 | ||
⤷ | Endgültige Festsetzung der Beiträge aus dem Arbeitseinkommen auf der Basis des jeweiligen durchschnittlichen monatlichen Arbeitseinkommens | ||
für die Zeit der freiwilligen Versicherung vom | 01.01.2022 bis 31.07.2022 | ||
und | |||
für die Zeit der Versicherungspflicht vom | 01.08.2022 bis 31.12.2022 |
(4) Die gleiche Systematik gilt für die ebenfalls denkbaren umgekehrten Fälle, bei denen ein Wechsel von der Versicherungspflicht, zum Beispiel in der KVdR, (verbunden mit einer nicht hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit) in eine freiwillige Versicherung als hauptberuflich selbstständig Tätiger stattfindet.
(5) Wird die selbstständige Tätigkeit nachweislich beendet, endet die Erhebung der Beiträge aus dem Arbeitseinkommen mit dem Ende der selbstständigen Tätigkeit. Dennoch ist die Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Jahr, in dem die Tätigkeit beendet worden ist, zu überwachen, um dafür eine endgültige Beitragsfestsetzung vornehmen zu können.
(6) Wird aus Anlass der Beendigung einer selbstständigen Tätigkeit aus dem Verkauf eines Betriebes, aus dem Verkauf von Anteilen einer Kapitalgesellschaft oder aus der Veräußerung des Vermögens ein Veräußerungsgewinn im Sinne der §§ 14, 16, 17 oder 18 Absatz 3 EStG erzielt, handelt es sich hierbei um Arbeitseinkommen gemäß § 15 Absatz 1 SGB IV. Durch die Anknüpfung der Definition des Arbeitseinkommens an die "allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts" ist sichergestellt, dass sich die bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Teils von Veräußerungsgewinnen zu gewährenden Freibeträge beitragsmindernd auswirken und der Veräußerungsgewinn im Ergebnis zu den beitragspflichtigen Einnahmen nur zuzuordnen ist, soweit er der Besteuerung unterliegt. Der Veräußerungsgewinn ist - in seiner Eigenschaft als Arbeitseinkommen - nach Maßgabe des § 5 Absatz 2 Satz 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nur dem Zeitraum innerhalb des Kalenderjahres der Veräußerung zuzuordnen, in dem die selbstständige Tätigkeit noch ausgeübt wurde. Für die Berechnung der monatlichen beitragspflichtigen Einnahme wird hierbei der dem maßgeblichen Einkommensteuerbescheid zu entnehmende Jahresbetrag des Veräußerungsgewinns durch die Zahl der Kalendermonate geteilt, in denen die selbstständige Tätigkeit ausgeübt wurde. Wird die selbstständige Tätigkeit im Verlauf eines Kalendermonats aufgegeben, ist der Veräußerungsgewinn (im Übrigen genauso wie der sonstige Arbeitseinkommen) nur dem entsprechenden Teilmonat der Mitgliedschaft zuzuordnen. Für die Berechnung der Beiträge ist hierbei der auf den Kalendertag entfallende ungerundete Betrag der monatlichen beitragspflichtigen Einnahme mit der Anzahl der für diesen Teilmonat maßgebenden Kalendertage der Mitgliedschaft zu multiplizieren.
(7) Wird ein Veräußerungsgewinn im Sinne der §§ 14, 16, 17 oder 18 Absatz 3 EStG im Laufe eines Kalenderjahres erzielt, in dem die entsprechende selbstständige Tätigkeit nicht vollständig aufgegeben, sondern lediglich reduziert wird, ist der Veräußerungsgewinn den einzelnen Monaten dieses Kalenderjahres gleichmäßig mit monatlich einem Zwölftel des dem maßgeblichen Einkommensteuerbescheid zu entnehmenden Jahresbetrags zuzuordnen. Dem steht nicht entgegen, dass das übrige Arbeitseinkommen bei einem Wechsel von einer hauptberuflich zu einer nebenberuflichen selbstständigen Tätigkeit das übrige Arbeitseinkommen auf die jeweiligen Phasen der selbstständigen Tätigkeit nach Maßgabe der glaubhaften Erklärung des Mitglieds aufzuteilen sind.