Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Insolvenzsicherung - Arbeitszeitkonten
Insolvenzsicherung - Arbeitszeitkonten
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Arbeitszeitkonten werden meist aufgrund tariflicher oder arbeitsvertraglicher Vereinbarungen über die Flexibilisierung der Arbeitszeit für den einzelnen Arbeitnehmer eingerichtet und geführt. Dabei handelt es sich arbeitsrechtlich um Arbeitszeitguthaben. In der Regel erhält der Arbeitnehmer - unabhängig von den tatsächlich geleisteten Stunden - eine feststehende monatliche Vergütung auf der Grundlage einer Soll-Arbeitszeit. Über- oder Unterschreitungen des täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Solls gleicht der Arbeitnehmer durch Vor- oder Nacharbeit aus.
Auch Altersteilzeitvereinbarungen führen dann zu Arbeitszeitguthaben, wenn der Arbeitnehmer Altersteilzeit im Blockmodell leistet. In der Arbeitsphase arbeitet der Arbeitnehmer hier in der Regel mit der bisher vereinbarten Arbeitszeit weiter, erhält aber nur die Hälfte der Arbeitsvergütung. In der Freistellungsphase ist der Arbeitnehmer dagegen vollständig von der Arbeitspflicht freigestellt, erhält aber weiterhin die (andere) Hälfte der Vergütung.
1.1 Keine Gewährung von Insolvenzgeld
Das Insolvenzgeld ist eine Leistung der Bundesagentur für Arbeit an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von ihrem Arbeitgeber bei einem Insolvenzereignis kein Arbeitsentgelt mehr bekommen haben.
Der Anspruch auf die Höhe und die Gewährung des Insolvenzgeldes richtet sich nach den §§ 165 bis 172 SGB III. Das Insolvenzgeld wird für den Zeitraum der letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor dem Insolvenzereignis gezahlt, in denen der Lohn bzw. das Gehalt ausgefallen ist.
Diese Leistung gilt für das vereinbarte Monatsgehalt zuzüglich aller Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis. Darunter fallen z.B. das Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld bzw. ein 13. Monatsgehalt, welche anteilig ausgezahlt werden, sofern diese zum Arbeitsentgelt dazu gehören. Grundlage ist das verstetigte monatliche Einkommen - und zwar unabhängig von der tatsächlichen Arbeitsleistung. Dies hat zur Folge, dass Arbeitszeitguthaben, die durch eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entstanden sind, nicht durch das Insolvenzgeld abgedeckt sind.
1.2 Das Flexi-Gesetz
Da Arbeitszeitguthaben nicht durch das Insolvenzgeld abgedeckt sind, wurde am 06.04.1998 eine eigenständige Regelung im Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen ("Flexi-Gesetz") eingeführt. Vor allem § 7e SGB IV enthält Regelungen zur Insolvenzsicherung von Arbeitszeitguthaben.
In dieser Vorschrift werden die Vertragsparteien (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) explizit beauftragt, im Rahmen ihrer Vereinbarung zur Arbeitszeitflexibilisierung Vorkehrungen zur Absicherung von Arbeitszeitguthaben zu treffen. Das abzusichernde Wertguthaben enthält ausdrücklich auch den anfallenden Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag.
2. Insolvenzschutz von Arbeitszeitkonten/Wertguthaben
§ 7e SGB IV verpflichtet die Vertragsparteien einer solchen Wertguthabenvereinbarung nach § 7e SGB IV durch den Arbeitgeber zu erfüllende Vorkehrungen zu treffen, dass das Wertguthaben einschließlich des darin enthaltenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags gegen das Risiko der Insolvenz des Arbeitgebers vollständig abgesichert ist, soweit
ein Anspruch auf Insolvenzgeld nicht besteht und wenn
das Wertguthaben des Beschäftigten einschließlich des darin enthaltenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags einen Betrag in Höhe der monatlichen Bezugsgröße übersteigt.
Gem. § 7e Abs. 2 SGB IV ist das Wertguthaben unter Ausschluss der Rückführung durch einen Dritten, z.B. auf einem Treuhandkonto, zu führen (Treuhandmodell). Dieser hat bei einer Insolvenz des Arbeitgebers für die Erfüllung der Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber aus dem Wertguthaben einzustehen.
Gem. § 7e Abs. 4 SGB IV muss der Arbeitgeber die Beschäftigten unverzüglich über seine Vorkehrungen zum Insolvenzschutz in geeigneter Weise schriftlich unterrichten.
Der Beschäftigte kann das Wertguthaben nach § 7b SGB IV mit sofortiger Wirkung kündigen und die Auflösung und Auszahlung an sich verlangen, wenn er den Arbeitgeber schriftlich aufgefordert hat, seinen Verpflichtungen zum Insolvenzschutz nachzukommen und dieser ihm nicht innerhalb von zwei Monaten die Erfüllung seiner Verpflichtung zur Insolvenzsicherung des Wertguthabens nachweist (§ 7e Abs. 5 SGB IV).
Die Rentenversicherungsträger können im Rahmen der Betriebsprüfung die Einhaltung der Insolvenzsicherung überprüfen und Sanktionen einleiten (§ 7e Abs. 6 SGB IV).
Kommt es wegen eines nicht geeigneten oder nicht ausreichenden Insolvenzschutzes zu einer Verringerung oder einem Verlust des Wertguthabens, haftet der Arbeitgeber für den entstandenen Schaden (§ 7e Abs. 7 Satz 1 SGB IV); es sei denn er hat den Schaden nicht zu vertreten (§ 7e Abs. 7 Satz 3 SGB IV).
Ist der Arbeitgeber eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit haften auch die organschaftlichen Vertreter gesamtschuldnerisch für den Schaden (§ 7e Abs. 7 SGB IV).
Nach einem Urteil des BAG v. 23.2.2016 - 9 AZR 293/15 findet diese sog. Durchgriffshaftung, d.h. die persönliche Einstandspflicht z.B. der Geschäftsführer einer GmbH, keine Anwendung wegen einer unterlassenen Insolvenzsicherung von Wertguthaben aus Altersteilzeitverträgen nach § 8a AltTZG. Der wesentliche Grund liegt darin, dass § 8a Abs. 1 Satz 1 AltTZG schon bestimmt, dass bei einer Insolvenzsicherung von Vereinbarungen über Altersteilzeitarbeit § 7e SGB IV keine Anwendung findet. Hier steht den Gläubigern in der Insolvenz also grundsätzlich nur das Gesellschaftsvermögen als Haftungsmasse gem. § 13 Abs. 2 GmbHG zur Verfügung.
Siehe auch