Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Mutterschutz - Arbeitgeberpflichten
Mutterschutz - Arbeitgeberpflichten
Information
Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts vom 23.05.2017 (BGBl. I Nr. 30 S. 1228) wurde eine grundlegende Reform des Mutterschutzrechts zur Anpassung an die geänderten gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen vorgenommen. Neben verschiedenen inhaltlichen Änderungen wurde damit die frühere MuSchArbV unmittelbar in das Mutterschutzgesetz eingefügt.
Maßnahme | Rechtsgrundlage | Zeitpunkt | Bemerkungen |
Generelle Gefährdungsbeurteilung | § 10 Abs. 1 MuSchG i.V.m. § 5 ArbSchG | Lfd. für alle Arbeitsplätze | Im Rahmen der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 ArbSchG ist abstrakt zu beurteilen, ob Gefährdungen für Schwangere oder stillende Frauen bestehen. Ausgehend davon ist festzustellen, welche Maßnahmen bei einer Schwangerschaft bzw. in der Stillzeit ggf. erforderlich sein werden. Diese Beurteilung ist für alle Tätigkeiten ohne Rücksicht darauf vorzunehmen, ob auf dem jeweiligen Arbeitsplatz Frauen beschäftigt werden; sie ist auch durchzuführen, wenn der Betrieb keine weiblichen Mitarbeiter hat. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes ausreichend. |
Dokumentation und Information der Mitarbeiter | § 14 MuSchG | Nach der Durchführung der generellen Gefährdungsbeurteilung | Das Ergebnis der mutterschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung (ggf. auch unter Angabe der Gefährdungen, die als hinnehmbar eingestuft wurden) und der Bedarf an Schutzmaßnahmen sind durch Unterlagen zu dokumentieren. Wird keine Gefährdung festgestellt, ist ein Vermerk in der Dokumentation nach § 5 ArbSchG ausreichend. Alle Mitarbeiter (auch die Männer) müssen über das Ergebnis der generellen Gefährdungsbeurteilung und die ggf. erforderlichen Schutzmaßnahmen informiert werden. |
Konkretisierte Gefährdungsbeurteilung | § 10 Abs. 2 MuSchG | Unverzüglich nachdem die Frau mitgeteilt hat, dass sie schwanger ist oder ihr Kind stillt. | Auf der Grundlage der generellen Gefährdungsbeurteilung und individueller Gegebenheiten der Frau sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen. Zusätzlich muss der Frau ein Gespräch über die weitere Anpassung ihrer Arbeitsbedingungen angeboten werden. Solange die konkretisierte Gefährdungsbeurteilung nicht durchgeführt ist und die ggf. erforderlichen Schutzmaßnahmen nicht getroffen wurden, darf die Frau auf dem Arbeitsplatz nicht beschäftigt werden. Besonders zu beachten ist die Gefährdung durch eine Infektion mit dem Corona-Virus. Dies gilt insbesondere für die Beschäftigung schwangerer Frauen oder stillender Mütter auf Arbeitsplätzen mit häufigem engem Personenkontakt; noch mehr bei häufigem Kontakt mit Erkrankten, wie in Gesundheitsberufen. |
Information und Dokumentation | § 14 MuSchG | Nach der konkretisierten Gefährdungsbeurteilung | Die Frau ist über das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und die ggf. erforderlichen Schutzmaßnahmen zu informieren; dies gilt auch für das Gespräch über die weitere Anpassung der Arbeitsbedingungen. Außerdem ist eine Dokumentation erforderlich. |
Information Personalvertretung | § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG; § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG | Nach Durchführung der Beurteilung | Information über das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und der eingeleiteten Maßnahmen. |
Information der Aufsichtsbehörde über die Schwangerschaft und ggf. das Stillen. Ebenso, wenn die Frau bis 22 Uhr, an Sonn- und Feiertagen oder mit getakteter Arbeit beschäftigt werden soll. | § 27 Abs. 1 MuSchG | Unverzüglich nachdem die Schwangerschaft durch die Arbeitnehmerin mitgeteilt wurde. | Auf Anforderung der Aufsichtsbehörde sind weitere Unterlagen vorzulegen (§ 27 Abs. 3 MuSchG). |
Beschäftigungsverbote beachten | §§ 4 – 6 MuSchG | Unmittelbar nach Mitteilung der Schwangerschaft, während der Stillzeit | Ausnahmen beachten (siehe auch § 28 MuSchG) Eine Befreiung von Nachtarbeit muss auch erfolgen, wenn sie nur gelegentlich anfällt (EuGH, 19.09.2018 C-41/17 – Rechtsstreit in Spanien). |
Datenschutz beachten | § 27 Abs. 1 S. 2 MuSchG | Nach Mitteilung der Frau, dass sie schwanger ist. | Die Mitteilung der Frau über die Schwangerschaft darf nicht unbefugt an Dritte weitergegeben werden. Verbot gilt nicht, wenn der Arbeitgeber auf andere Weise von der Schwangerschaft erfährt. Eine Pflicht zur Vertraulichkeit kann sich aber in diesem Fall aufgrund der Fürsorgepflicht ergeben. Das Verbot gilt nicht, wenn. die Frau der Weitergabe zustimmt. Nicht ausgeschlossen ist die Weitergabe an die Stellen im Betrieb, die Kenntnis haben müssen (z.B. Personalabteilung oder unmittelbare Vorgesetzte). Der Betriebsrat ist auch dann von einer Schwangerschaft zu informieren, wenn die Frau dem ausdrücklich widersprochen hat, damit er seine gesetzlichen Aufgaben erfüllen kann (LAG München, 27.09.2017 – 11 Ta BV 36/17). Der Auskunftsanspruch ist aber daran geknüpft, dass der Betriebsrat aufzeigt, für welche ihm obliegende Aufgabe die Information erforderlich ist (BAG, 09.04.2019 – 1 ABR 51/17). Kann er dies nicht darlegen, ist die Weitergabe der Information nicht zulässig. Die Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz (§ 26 BDSG i.V.m. Art. 88 DSGVO) sind zu beachten! |
Ärztliches Beschäftigungsverbot beachten | § 16 MuSchG | Sobald ein ärztliches Attest vorliegt, bzw. die Arbeitnehmerin das ärztliche Beschäftigungsverbot mündlich mitteilt. | Ggf. Ersatzarbeit prüfen. Das Vorhalten eines XING-Nutzerprofils lässt nicht den Schluss zu, dass ein ärztliches Beschäftigungsverbot unrichtig ist. Insbesondere kann nicht unterstellt werden, es werde eine Nebenbeschäftigung ausgeübt (LAG Berlin-Brandenburg, 13.07.2017 – 10 Sa 491/17). |
Schutzfristen beachten | § 3 MuSchG | Nach Vorlage des ärztlichen Attestes über den mutmaßlichen Entbindungstag (§ 15 Abs. 2 MuSchG) Beginn der Schutzfrist ermitteln. Nach der Geburt Ende der Schutzfrist bestimmen. Verlängerte Schutzfrist nach der Entbindung bei Früh- und Mehrlingsgeburten beachten. Die verlängerte Schutzfrist gilt auch, wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX festgestellt wird und die Mutter die Verlängerung beantragt. | Die Frau darf während der Schutzfristen nur unter besonderen Voraussetzungen beschäftigt werden (§ 3 MuSchG). Verlängerte Schutzfrist gilt auch bei Totgeburt, die die Merkmale einer Frühgeburt aufweist. Eine Totgeburt liegt auch vor, wenn das Gewicht des Kindes unter 500 g. liegt, aber die 24. Schwangerschaftswoche erreicht wurde. Die Frühgeburt bzw. Behinderung kann durch die "Ärztliche Bescheinigung einer Frühgeburt oder eine Behinderung des Kindes" nachgewiesen werden. |
Arbeitgeberzuschuss berechnen | §§ 20, 21 MuSchG | Nach Beginn der Schutzfrist, jeweils bei Fälligkeit der Vergütung. | Siehe Mutterschutz - Arbeitgeberzuschuss; Formular "Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld". Aufwendungen einschließlich Arbeitgeberanteil zur SV. werden zu 100 % von der Krankenkasse erstattet (§ 2 Abs. 2 AAG). Einzelheiten siehe die Grundsätzlichen Hinweise zum Ausgleichsverfahren der Arbeitgeberaufwendungen bei Arbeitsunfähigkeit und für Mutterschaftsleistungen vom 07.11.2017 (www.aok.de/Arbeitgeber/Sozialversicherung/Rundschreiben). |
Mutterschutzlohn berechnen und zahlen | §§ 18, 21 MuSchG | Falls infolge eines betrieblichen oder ärztlichen Beschäftigungsverbotes das Arbeitsentgelt ganz oder teilweise ausfällt. | Siehe Mutterschutz - Entgeltschutz und Mutterschutzlohn - Aufwendungen einschließlich Arbeitgeberanteil zur SV. werden zu 100 % von der Krankenkasse erstattet (§ 2 Abs. 2 AAG). Einzelheiten siehe die Grundsätzlichen Hinweise zum Ausgleichsverfahren der Arbeitgeberaufwendungen bei Arbeitsunfähigkeit und für Mutterschaftsleistungen vom 07.11.2017 (www.aok.de/Arbeitgeber/Sozialversicherung/Rundschreiben). |
Entgeltbescheinigung für Mutterschaftsgeld erstellen | §§ 24i SGB V, § 19 Abs. 2 MuSchG | Bescheinigung für die Krankenkassen ist auf elektronischem Weg zu übermitteln. | |
Freistellung für Untersuchungen und zum Stillen | § 7 MuSchG | Wenn die Frau zur Untersuchung geht bzw. sobald die Mutter die Freistellung zum Stillen verlangt. Anspruch besteht während der ersten zwölf Monate nach der Entbindung. | Für Freistellung für Untersuchungen im Rahmen der GKV-Leistungen ist kein Antrag erforderlich. |
Kündigungsverbot beachten | § 17 MuSchG | Während der Schwangerschaft, bis zum Ende der Schutzfrist nach der Entbindung, mindestens jedoch bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung. Ggf. Verlängerung durch Elternzeit (§ 18 BEEG). Kündigungsverbot gilt auch nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche. Die Mitteilung einer vermuteten Schwangerschaft ist ausreichend, um den Sonderkündigungsschutz auszulösen (LAG Berlin-Brandenburg, 15.03.2018 – 10 Sa 1509/17). | Siehe Mutterschutz - Arbeitsplatzschutz. Kündigung kann durch die zuständige oberste Landesbehörde in besonderen Fällen ausnahmsweise für zulässig erklärt werden. Nach einem Urteil des EuGH ist es mit Europarecht vereinbar, wenn eine Kündigung aufgrund einer Massenentlassung erfolgt (EuGH, 22.02.2018 – C 103/16). Nach deutschem Recht dürften die Voraussetzungen für eine Genehmigung durch die zuständige oberste Landesbehörde vorliegen. |
Hinweis:
Im Einzelfall können sich weitere Verpflichtungen ergeben. Erkundigen Sie sich im Zweifel bei der zuständigen Aufsichtsbehörde!