Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Europäische Krankenversichertenkarte
Europäische Krankenversichertenkarte
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
Information
1. Allgemeines
Am 01.06.2004 wurde die Europäische Krankenversicherungskarte (European Health Insurance Card - EHIC) eingeführt. Mit dieser Karte können gesetzlich Krankenversicherte aus Deutschland im EU-/EWR-Ausland, der Schweiz oder dem Vereinigten Königreich (inkl. Nordirland, im Folgenden zusammengefasst: Vereinigtes Königreich) bzw. Anspruchsberechtigte aus diesen Staaten in Deutschland sofort einen Leistungserbringer (z.B. Arzt, Zahnarzt) aufsuchen, ohne vorher Kontakt mit einer Krankenkasse aufgenommen haben zu müssen, wie dies bei Anspruchsberechtigten aus den bilateralen Abkommensstaaten (z.B. Türkei) der Fall ist.
Ausnahmen:
Auch bei Erkrankungen, die während eines vorübergehenden Aufenthalts in Nordmazedonien oder Montenegro eintreten, kann die EHIC verwendet werden.
Hinweis:
Seit dem 01.01.2012 kann die EHIC auch in Serbien genutzt werden. Im Gegensatz zu Nordmazedonien oder Montenegro, kann sie hier aber nicht direkt für die Leistungsinanspruchnahme beim Leistungserbringer (z.B. Arzt) genutzt werden. Vielmehr muss der Versicherte die EHIC vor der Inanspruchnahme des Leistungserbringers beim örtlichen Krankenversicherungsträger vorlegen und erhält dann erst von diesem einen national gültigen Anspruchsnachweis, mit dem er den Leistungserbringer für Notfallleistungen zulasten seiner deutschen Krankenkasse aufsuchen kann. Auch in Montenegro und Nordmazedonien erhält der Versicherte mit der EHIC nur Notfallleistungen.
Anspruchsberechtigte aus den EU-/EWR-Staaten, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich wählen bei einer Leistungsinanspruchnahme in Deutschland die gesetzliche Krankenkasse, die die Leistungen aushilfsweise zur Verfügung stellen soll, unmittelbar beim Leistungserbringer. Die Wahl wird auf einem hierfür vorgesehenen mehrsprachigen Vordruck ("Patientenerklärung Europäische Krankenversicherung) durch Unterschrift erklärt.
Die Ausstellung einer provisorischen Ersatzbescheinigung ist nur noch ausnahmsweise (z.B. bei Verlust der EHIC oder bei einer nachträglichen Anforderung einer Anspruchsbescheinigung) zulässig.
Muster der Europäischen Krankenversicherungskarte sowie der provisorischen Ersatzbescheinigung enthält der Beschluss Nr. S2 der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der Sozialen Sicherheit vom 12.06.2009 bzw. für die wenigen noch von der EWG-Verordnung Nr. 1408/71 erfassten Sachverhalte der Beschluss Nr. 190 der EG-Verwaltungskommission vom 18.06.2003(1). Bitte beachten Sie die Besonderheiten bzgl. der vom Vereinigten Königreich seit 01.02.2020 ausgestellten und der ggf. aber 2021 abermals veränderten EHICs. Nähere Informationen hierzu finden Sie im Fachbeitrag Brexit.
2. Leistungsinanspruchnahme in Deutschland
Da ein Anspruchsberechtigter in Deutschland die Auswahl einer Krankenkasse, die die Leistungen für ihn im Auftrag seines zuständigen Trägers aushilfsweise übernimmt, aus derzeit über 100 Krankenkassen treffen kann, war es notwendig, hierfür ein einheitliches Verfahren zu vereinbaren. Mit der Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung sowie mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft wurden daher entsprechende mehrsprachige Vordrucke vereinbart, auf denen der Anspruchsberechtigte die Wahl der Krankenkasse vornimmt (Patientenerklärung Europäische Krankenversicherung).
Gleichzeitig erklärt der Patient hierauf, dass er nach Deutschland nicht zum Zwecke der Behandlung eingereist ist - da ansonsten eine Behandlung nur über den Vordruck S2 (für Behandlungen von Versicherten, für die die Regelungen der EG-Verordnung Nr. 883/2004 gelten: früher Vordruck E 112(3)) möglich wäre. Außerdem gibt der Patient auf dem Vordruck an, für welchen Zeitraum er in Deutschland bleibt. Der Zeitraum ist wesentlich für den Anspruchsumfang. Mit der EHIC haben Berechtigte Anspruch auf die Sachleistungen, die unter Berücksichtigung der Aufenthaltsdauer medizinisch notwendig sind. Die Entscheidung hierüber hat der behandelnde Arzt, in Zweifelsfällen nach Rücksprache mit der deutschen Krankenkasse und dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), zu treffen.
Anspruchsberechtigte, die sich beim Leistungserbringer mit der EHIC ausweisen, sind wie gesetzlich Versicherte in Deutschland zu behandeln. Die Nichtakzeptanz durch den Leistungserbringer ist daher so zu bewerten wie die Abweisung eines gesetzlich Versicherten, der sich mit der Krankenversichertenkarte ausweist.
Eine Kopie der EHIC sowie die "Patientenerklärung Europäische Krankenversicherung" sendet der Leistungserbringer unmittelbar an die gewählte deutsche Krankenkasse. Diese übernimmt die unter Berücksichtigung der Aufenthaltsdauer medizinisch erforderlichen Sachleistungen genauso wie für einen eigenen Versicherten. Der Leistungsumfang mit der EHIC umfasst auch Leistungen zur Behandlung chronischer Krankheiten, z.B. Routineblutuntersuchungen, Verschreibungen von Insulin bei insulinpflichtigen Diabetikern oder Lymphdrainage während eines Urlaubsaufenthalts, wenn diese während der Aufenthaltsdauer medizinisch notwendig ist.
Der Leistungserbringer rechnet die Kosten daher auch so ab, als wäre der Anspruchsberechtigte bei der gewählten Krankenkasse versichert (d.h., er behält auch Eigenanteile und Zuzahlungen wie bei einem in Deutschland Versicherten ein, z.B. die Zuzahlung bei stationärer Behandlung, die Eigenanteile bei Medikamenten oder Heilmitteln usw.). Die Abrechnung zwischen Arzt/Zahnarzt und Kassenärztlicher bzw. Kassenzahnärztlicher Vereinigung erfolgt i.R.d. sog. Ersatzverfahrens außerhalb der kassenärztlichen Gesamtvergütung. Die Leistungen werden dabei mit dem gleichen Honorarsatz vergütet, wie er für die bei der gewählten Krankenkasse in Deutschland Versicherten gilt. Die gewählte Krankenkasse rechnet die Kosten später über den GKV-Spitzenverband, Abteilung Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland (DVKA) mit dem zuständigen Träger (also der Krankenkasse) des Anspruchsberechtigten im Ausland ab.
Eine Beschreibung des Verfahrens hat die Abteilung DVKA des GKV-Spitzenverbandes im Internet unter www.dvka.de in der Rubrik "Leistungserbringer" veröffentlicht. In den dortigen Informationen finden Sie auch Hinweise, wie Ärzte im Rettungstransport die Daten der EHIC erfassen und worüber die anfallenden Kosten abgerechnet werden können. Für im Ausland Versicherte steht in der Rubrik "Versicherte" im Register "Touristen" unter "Deutschland" außerdem ein Merkblatt "Urlaub in Deutschland" in deutscher, französischer, italienischer, englischer, polnischer und spanischer Sprache zur Verfügung. Für die Besonderheiten zur Abrechnung der aus anderen EU-/EWR-Staaten oder der Schweiz nach Deutschland zur Behandlung überstellter COVID19-Fälle vgl. § 219a Abs. 6 SGB V und die entsprechenden Rundschreiben des GKV-Spitzenverbands, DVKA.
Weist sich ein Anspruchsberechtigter aus einem anderen EU-/EWR-Staat, der Schweiz oder dem Vereinigten Königreich beim Leistungserbringer nicht mit einer EHIC aus, ist der Leistungserbringer berechtigt, zunächst eine Privatvergütung zu verlangen. Die Vergütung ist vom Arzt jedoch zurückzuzahlen, wenn die Anspruchsbescheinigung, also entweder am nächsten Tag die EHIC oder bis zum Quartalsende, in dem die Behandlung stattgefunden hat, eine provisorische Ersatzbescheinigung, nachträglich vorgelegt wird.
3. Leistungsinanspruchnahme in einem EU-/EWR-Staat, der Schweiz oder dem Vereinigten Königreich
Nimmt ein in Deutschland gesetzlich Versicherter Leistungen in einem anderen EU-/EWR-Staat, der Schweiz oder dem Vereinigten Königreich in Anspruch, kann auch er sich mit seiner EHIC unmittelbar an den Vertragsleistungserbringer wenden. Bitte beachten Sie die Besonderheiten für die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen, die Schweiz, Dänemark und das Vereinigte Königreich.(4) Sofern im anderen Staat mehrere Krankenkassen für die Abrechnung der Kosten infrage kommen, muss der in Deutschland Versicherte (ähnlich wie oben beschrieben der im Ausland Versicherte bei Leistungsinanspruchnahme in Deutschland) eine Krankenkasse beim Leistungserbringer wählen (dies ist z.B. in Tschechien der Fall). Die Abrechnung der Kosten erfolgt dann in der gleichen Weise, wie für die im Aufenthaltsstaat dort gesetzlich Versicherten. Das heißt, in Staaten, die - wie Deutschland - ein Sachleistungssystem haben, werden die Kosten - mit Ausnahme der Eigenanteile - unmittelbar mit der dortigen gesetzlichen Krankenkasse abgerechnet, welche diese wiederum über den GKV-Spitzenverband, Abteilung DVKA, der deutschen Krankenkasse in Rechnung stellt (dies ist z.B. in Österreich der Fall).
In Staaten mit überwiegendem Kostenerstattungssystem (z.B. Belgien, Frankreich, Schweiz) hat der Versicherte zumeist die ambulanten Kosten in der Regel zunächst selbst zu zahlen und kann die Rechnung dann entweder der dortigen gesetzlichen Krankenkasse oder bei Rückkehr seiner deutschen Krankenkasse zur Erstattung der Vertragssätze einreichen. Stationäre Behandlungskosten werden auch bei Kostenerstattungssystemen meist über die Träger in den beteiligten Staaten – mit Ausnahme der vom Versicherten zu tragenden Eigenanteile - direkt beglichen.
Siehe auch
Anmerkung 1:
Die EG-Verordnungen gelten auch für Staatsangehörige anderer Staaten (Drittstaatsangehörige), wenn diese ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem EU-Staat (Ausnahme: Dänemark, hier nur EU-/EWR-Staatsangehörige und Schweizer) haben.
Durch das "Brexit-Referendum", die mit der EU vereinbarten Verlängerungen des Austrittstermins auf den 31.01.2020 und das zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Austrittsabkommen, traten zunächst in Bezug auf das Vereinigte Königreich und Nordirland bis zum 31.12.2020 keine rechtlichen Änderungen ein (vgl. Details hierzu im Fachbeitrag Brexit). Für die Auswirkungen auf die Gültigkeit der Bescheinigung A1, vgl. Informationen in der Broschüre Arbeiten im Vereinigten Königreich sowie im Fachbeitrag Brexit. Für Drittstaatsangehörige, deren Ansprüche im Verhältnis zum Vereinigten Königreich und Nordirland auf den Rechtsvorschriften der EWG-Verordnung Nr. 1408/71 und ihrer Durchführungsverordnung, der EWG-Verordnung Nr. 574/72 basierten, galt dies ebenfalls. Wer als Drittstaatsangehöriger in Bezug auf das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland anzusehen ist, erörtert der Fachbeitrag Brexit. Personen, die am 31.12.2020 in einer grenzüberschreitenden Situation zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien oder Nordirland standen, können jedoch auch darüber hinaus aufgrund des zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Austrittsabkommens weiterhin ihre Ansprüche nach den EG- bzw. EWG-Verordnungen aufrechterhalten.
Auf Neusachverhalte ab dem 01.01.2021 sind in Bezug auf das Vereinigte Königreich und Nordirland die Vorschriften des zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Handels- und Kooperationsabkommens anzuwenden. Nähere Details hierzu finden sie im Fachbeitrag Vereinigtes Königreich.
Bitte beachten Sie, dass Schweizer sowie andere Drittstaatsangehörige in Bezug auf die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen nicht von der EG-Verordnung Nr. 883/2004 erfasst werden, da der Gemeinsame EWR-Ausschuss die sog. Drittstaatenverordnung – VO (EU) 1231/10 – bisher nicht übernommen hat (vgl. Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes Nr. 2011/12). Dies gilt wegen einer fehlenden Zustimmung des Gemischten Ausschusses auch für EWR-Staatsangehörige aus Island, Liechtenstein und Norwegen sowie für Drittstaatsangehörige in Bezug auf Sachverhalte mit der Schweiz.
Anmerkung 2:
Hinsichtlich der gegenseitigen Anwendung der Systeme der Sozialen Sicherheit gilt seit dem 01.05.2010 die EG-Verordnung Nr. 883/2004 sowie deren Durchführungsverordnung, die EG-Verordnung Nr. 987/2009. Die EG-Verordnungen gelten inzwischen auch für Staatsangehörige anderer Staaten (Drittstaatsangehörige), wenn diese ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem EU-Staat (Ausnahme: Dänemark und Vereinigtes Königreich, hier nur EU-/EWR-Staatsangehörige sowie Schweizer) haben.
Durch das "Brexit-Referendum", die mit der EU vereinbarten Verlängerungen des Austrittstermins auf den 31.01.2020 und das zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich abgeschlossenen Austrittsabkommen, treten zunächst in Bezug auf das Vereinigte Königreich bis zum 31.12.2020 keine rechtlichen Änderungen ein. Zahlreiche Personenkreise, die am 31.12.2020 in einer grenzüberschreitenden Situation zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich standen, können jedoch auch darüber hinaus aufgrund des Austrittsabkommens weiterhin ihre Ansprüche nach den EG-Verordnungen aufrechterhalten (vgl. Details hierzu im Fachbeitrag Brexit). Für Drittstaatsangehörige, deren Ansprüche im Verhältnis zum Vereinigten Königreich und Nordirland auf den Rechtsvorschriften der EWG-Verordnung Nr. 1408/71 und ihrer Durchführungsverordnung, der EWG-Verordnung Nr. 574/72 basierten, galt dies ebenfalls. Wer als Drittstaatsangehöriger in Bezug auf das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland anzusehen ist, erörtert der Fachbeitrag Brexit. Personen, die am 31.12.2020 in einer grenzüberschreitenden Situation zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien oder Nordirland standen, können jedoch auch darüber hinaus aufgrund des zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Austrittsabkommens weiterhin ihre Ansprüche nach den EG- bzw. EWG-Verordnungen aufrechterhalten.
Auf Neusachverhalte seit dem 01.01.2021 sind in Bezug auf das Vereinigte Königreich und Nordirland die Vorschriften des zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Handels- und Kooperationsabkommens anzuwenden.
Bitte beachten Sie jedoch, dass Schweizer sowie andere Drittstaatsangehörige in Bezug auf die EWR-Staaten Island, Lichtenstein und Norwegen nicht von der EG-Verordnung Nr. 883/2004 erfasst werden, da der Gemeinsame EWR-Ausschuss die sog. Drittstaatenverordnung – VO (EU) 1231/10 – bisher nicht übernommen hat (vgl. Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes Nr. 2011/12). Dies gilt wegen einer fehlenden Zustimmung des Gemischten Ausschusses auch für EWR-Staatsangehörige aus Island, Liechtenstein und Norwegen sowie für Drittstaatsangehörige in Bezug auf Sachverhalte mit der Schweiz.
Anmerkung 3:
Vgl. Anmerkung 1.
Anmerkung 4:
Vgl. Anmerkung 1.