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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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BSG, 22.03.2005 - B 1 KR 32/03 R - Kostenentscheidung im Rechtsstreit um die Ablehnung einer Kostenzusage durch die Ersatzkasse der Ehefrau für Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft im Wege der künstlichen Befruchtung mittels intrazytoplasmatischer Spermieninjektion; Oligo-Astheno-Teratozoospermie-Syndrom bei dem privat krankenversicherten Ehemann als Ursache der Unfruchtbarkeit des Ehepaares; Auferlegung der außergerichtlichen Kosten der klagenden Versicherungsnehmerin nach vergleichsweiser Verpflichtung der Ersatzkasse zur Erstattung der Befruchtungskosten; Potentielle Erfolgsaussichten einer Fortsetzungsfeststellungsklage
Bundessozialgericht
Beschl. v. 22.03.2005, Az.: B 1 KR 32/03 R
Krankenversicherung: Unfruchtbarer Mann darf privat versichert sein
Eine gesetzliche Krankenkasse (hier die DAK) darf einen Leistungsantrag auf künstliche Befruchtung einer bei ihr versicherten Frau nicht deshalb ablehnen, weil die Ursache für die Unfruchtbarkeit bei ihrem Mann liegt, der privat krankenversichert ist und ggf. vergleichbare Ansprüche gegen sein Versicherungsunternehmen hat. Der Ausschluss einer Überversorgung der Ehegatten durch eine Kumulation von Leistungsansprüchen gegen private und gesetzliche Krankenversicherer obliegt im Innenverhältnis einer Vereinbarung der jeweiligen Kostenträger bzw. ist einer gesetzlichen Regelung vorbehalten.
Quelle: Wolfgang Büser
Kostenentscheidung im Rechtsstreit um die Ablehnung einer Kostenzusage durch die Ersatzkasse der Ehefrau für Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft im Wege der künstlichen Befruchtung mittels intrazytoplasmatischer Spermieninjektion; Oligo-Astheno-Teratozoospermie-Syndrom bei dem privat krankenversicherten Ehemann als Ursache der Unfruchtbarkeit des Ehepaares; Auferlegung der außergerichtlichen Kosten der klagenden Versicherungsnehmerin nach vergleichsweiser Verpflichtung der Ersatzkasse zur Erstattung der Befruchtungskosten; Potentielle Erfolgsaussichten einer Fortsetzungsfeststellungsklage
Rechtsgrundlage:
Fundstelle:
DStR 2005, 1865 (Kurzinformation)
BSG, 22.03.2005 - B 1 KR 32/03 R
Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat
auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2005
durch
den Präsidenten von Wulffen,
die Richter Prof. Dr. Schlegel und Dr. Kretschmer sowie
die ehrenamtlichen Richter Dr. Brandenburg und Leite
beschlossen:
Tenor:
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch für das Revisionsverfahren.
Gründe
1
Die Beteiligten stritten im Hauptsacheverfahren, das sich im Revisionsverfahren durch Vergleich erledigt hat, um Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft im Wege der künstlichen Befruchtung mittels intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (sog ICSI). Ursache der Unfruchtbarkeit des Ehepaares ist ein Oligo-Astheno-Teratozoospermie-Syndrom, das bei dem privat krankenversicherten Ehemann der bei der beklagten Ersatzkasse versicherten Klägerin besteht. Die Klägerin, bei der selbst kein auffälliger Befund vorliegt, beantragte im Januar 2002 eine Kostenzusage für Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch eine künstliche Befruchtung mittels ICSI/IVF. Die Beklagte lehnte dies ab, weil dafür die private Krankenversicherung des Ehemannes zuständig sei. Das Sozialgericht hat diese Entscheidung der Beklagten aufgehoben und sie zur Leistung der künstlichen Befruchtung mittels ICSI/IVF verurteilt. Das Landessozialgericht hat die Berufung der Beklagten hiergegen zurückgewiesen. Mit ihrer Revision rügte die Beklagte, sie sei nicht leistungspflichtig, weil der Ehemann der Klägerin Anspruch gegen seine private Krankenversicherung auf Erstattung der gesamten Kosten der Behandlung habe, einschließlich der Kosten für die Behandlung der Klägerin. Es sei ungerecht, wenn die gesetzliche Krankenversicherung auch bei Infertilität des privat versicherten Ehemannes die gesamten Kosten tragen müsse. Vielmehr sei eine Risikoabgrenzung danach vorzunehmen, bei welchem Ehepartner die Ursache der Unfruchtbarkeit liege. Die ICSI ist inzwischen erfolgreich durchgeführt worden. Die private Krankenversicherung des Ehemannes hat die Kosten für die bei der Klägerin durchgeführten Maßnahmen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht getragen und sich die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte abtreten lassen. Vor dem Bundessozialgericht hat sich die Beklagte vergleichsweise verpflichtet, der Klägerin 3.204,80 EUR zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten den Rechtstreit für erledigt erklärt und eine Kostenentscheidung des Gerichts beantragt.
2
Der Beklagten sind gemäß der nach § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz nach billigem Ermessen durch Beschluss zu treffenden Entscheidung die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch für das Revisionsverfahren aufzuerlegen. Denn das Begehren der Klägerin hätte voraussichtlich als Fortsetzungsfeststellungsklage Erfolg gehabt. Die Beklagte hat es mit dem angefochtenen Bescheid zu Unrecht abgelehnt, die Kosten für IVF, ICSI, Hormonbehandlung, Eizellentnahme und Embryotransfer zu übernehmen, denn insoweit handelte es sich teils um sog extrakorporale Maßnahmen, teils um Maßnahmen, die unmittelbar am bzw. im Körper der Klägerin selbst vorzunehmen waren (ausführlich dazu vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 22. März 2005 - B 1 KR 32/03 R, zur Veröffentlichung vorgesehen). Eine (Sach-)Leistungsverpflichtung der Beklagten hätte nicht nur deshalb verneint werden dürfen, weil der Ehemann der Klägerin privat krankenversichert ist, die Ursache für die Unfruchtbarkeit bei ihm liegt und er ggf. auch insoweit Ansprüche gegen seine private Krankenversicherung hat. Ob und in welchem Umfang die private Krankenversicherung des Ehegatten eines Versicherten oder die Krankenkasse des Versicherten die Kosten für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung zu tragen haben, oder ob und nach welchen Gesichtspunkten ggf. eine "Kostenteilung" zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung stattfindet, wenn Ursache der Unfruchtbarkeit des Ehepaares bei dem privat krankenversicherten Ehemann der bei der beklagten Ersatzkasse der Versicherten liegt, ist gesetzlich nicht geregelt. Der erkennende Senat hat im vorliegenden Fall keinen Anlass, insoweit rechtsfortbildend tätig zu werden. Denn Bedenken der Beklagten wegen einer möglichen Überversorgung der Ehegatten durch eine Kumulation von Leistungsansprüchen gegen Träger der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung geben ihr jedenfalls nicht das Recht, der bei ihr versicherten Klägerin deren gesetzlichen Anspruch in Gänze zu versagen. Der Ausschluss einer solchen Überversorgung im Innenverhältnis obliegt einer Vereinbarung der jeweiligen Kostenträger bzw. ist einer gesetzlichen Regelung vorbehalten.
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