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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Krankenhausbehandlung
Krankenhausbehandlung
Normen
§§ 39,
73 Abs. 4 SGB V
Krankenhauseinweisungs-Richtlinie Stand 22.01.2015 des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Krankenhausbehandlung (Krankenhauseinweisungs-Richtlinie/KE-RL), zuletzt geändert 16.03.2017, veröffentlicht im BAnz AT 07.06.2017 B2, in Kraft getreten am 08.06.2017
Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus (Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung - KHMe-RL) vom 21.03.2006, zuletzt geändert am 15.07.2021, BAnz AT 04.10.2021 B4, in Kraft getreten am 05.10.2021
Gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 09.10.2002 i.d.F. vom 22.08.2008
Kurzinfo
Die Krankenkassen haben eine Krankenhausbehandlung zu gewähren, wenn durch die besonderen Mittel des Krankenhauses das Leiden des Versicherten geheilt oder gebessert wird, eine Verschlimmerung der Krankheit vermieden wird, die Beschwerden gelindert werden oder das Leben des Versicherten verlängert wird. Krankenhausbehandlung kann auch erforderlich werden, um ein Leiden mithilfe der diagnostischen Möglichkeiten des Krankenhauses überhaupt erst zu diagnostizieren.
Die Krankenhausbehandlung ist vom Arzt zu verordnen. Auf Basis dieser Verordnung hat das Krankenhaus eigenständig und eigenverantwortlich zu prüfen, ob eine vollstationäre Krankenhausbehandlung erforderlich ist oder ob das Behandlungsziel auch durch andere Formen der Krankenhausbehandlung einschließlich des ambulanten Operierens oder durch häusliche Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
Die Krankenhausbehandlung umfasst i.R.d. Versorgungsauftrages des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung des Versicherten im Krankenhaus notwendig sind. Hierzu zählen insbesondere die ärztliche Behandlung, die Krankenpflege, die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Unterkunft und Verpflegung. Die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation (§ 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
Ein Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (vgl. § 108 SGB V) besteht, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
Die Auswahl eines Krankenhauses obliegt i.d.R. dem behandelnden Arzt, der nach § 73 Abs. 4 Sätze 3, 4 SGB V unter Berücksichtigung des nach Abs. 3 erstellten Verzeichnisses das nächst erreichbare und geeignete Krankenhaus bestimmt. Entstehen durch die von der ärztlichen Verordnung abweichende Wahl eines anderen Krankenhauses Mehrkosten, kann die Krankenkasse diese dem Versicherten nach pflichtgemäßer Ermessensentscheidung auferlegen. Das Ermessen wird hierbei auf Null reduziert sein, wenn die Versicherten aus einem wichtigen Grund ein anderes Krankenhaus wählen und hierdurch Mehrkosten entstehen.
Information
Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht.
In welcher Form die Krankenhausbehandlung erbracht wird, richtet sich nach der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsart. Wenn also das Behandlungsziel durch mehrere Behandlungsarten erreicht werden kann, ist immer die wirtschaftliche Behandlungsart vorrangig.
Anders als in der privaten Krankenversicherung ist bei einer stationären Behandlung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung eine medizinisch erforderliche Mitaufnahme der Begleitperson im Versicherungsschutz enthalten (§ 11 Abs. 3 SGB V).
Zur Möglichkeit für gesetzlich Krankenversicherte, die Kostenerstattung (§ 13 SGB V) zu wählen, finden sich nähere Erläuterungen unter dem entsprechenden Stichwort.
Die Krankenhausbehandlung ist vom Arzt zu verordnen. Voraussetzung für die Verordnung ist, dass die ambulante Versorgung oder andere Behandlungsformen nicht ausreichen. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung muss zudem auf der Verordnung vom Arzt schriftlich begründet werden (§ 73 Abs. 4 SGB V). Das Krankenhaus hat nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V zu prüfen, ob eine vollstationäre Krankenhausbehandlung erforderlich ist oder ob das Behandlungsziel durch andere Formen der Krankenhausbehandlung einschließlich des ambulanten Operierens oder durch häusliche Krankenpflege auch erreicht werden kann.
Ein Anspruch auf vollstationäre Krankenhausbehandlungen besteht nicht, wenn diese nicht aus medizinischen Gründen notwendig sind (z.B. bei Pflegebedürftigkeit oder einer Unterbringung allein aus Gründen der öffentlichen Sicherheit).
Es besteht eine Verpflichtung der Krankenhäuser zur Auskunftserteilung gegenüber dem Versicherten über die der Krankenkasse in Rechnung gestellten Kosten.
Umfang des Erstattungsanspruchs nach § 105 SGB X
Die Fachkonferenz Leistungs- und Beziehungsrecht hat am 05./06.06.2013 in einem Besprechungsergebnis Folgendes festgestellt: Im Falle einer unzuständigerweise übernommenen Krankenhausbehandlung hat die Krankenkasse gegen die zuständige Krankenkasse einen Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X. Die getroffene Entscheidung über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung soll von der zuständigen Krankenkasse nicht angezweifelt werden. Eine Verpflichtung, den Fall vom MDK prüfen zu lassen, kann der erstattungsberechtigten Krankenkasse nur dann entgegengehalten werden, wenn sich aus den vorliegenden Unterlagen die Notwendigkeit einer Prüfung geradezu aufdrängt.
Leistungszuständigkeit bei Kassenwechsel
Das Bundessozialgericht, 19.09.2007 - B 1 KR 39/06 R, hat seine Rechtsprechung zur Definition der Krankenhausbehandlung, die mit Fallpauschalen abgerechnet wird, als untrennbare Behandlungseinheit ausdrücklich aufgegeben. Die Aufteilung habe ausgehend von der gesamten Zahl der tatsächlich mit der Fallpauschale abgerechneten Tage in der Weise zu erfolgen, dass die Rechnungs- und Leistungsteile bis zum letzten Tag der bisherigen Mitgliedschaft von denjenigen ab dem ersten Tag der neuen Mitgliedschaft zu trennen und mit einem entsprechenden Anteil gesondert in Ansatz zu bringen sind. Die Leistungszuständigkeit sei mithin in Abhängigkeit von der tatsächlich für die Fallpauschale in Anspruch genommenen Zahl der Krankenhaustage zwischen den zuständigen Kostenträgern aufzuteilen.
Die ehemaligen Krankenkassen-Spitzenverbände haben den Krankenkassen mit Besprechungsergebnis vom 06./07.05.2008 und mit der Gemeinsamen Verlautbarung vom 09.10.2002 (i.d.F. vom 22.09.2008) empfohlen, unter Berücksichtigung des Urteils des Bundessozialgerichts vom 19.09.2007 - B 1 KR 39/06 R die gesamten Kosten der Krankenhausbehandlung bei einem Kassenwechsel nach den insgesamt im Krankenhaus verbrachten Kalendertagen anteilig auf die beteiligten Krankenkassen aufzuteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Kosten ggf. aus DRG-Fallpauschalen, sonstigen Entgelten/Zuschlägen oder belegungsbezogenen Entgelten nach Überschreitung der oberen Grenzverweildauer zusammensetzen. Im Falle einer Verlegung in eine andere stationäre Einrichtung wird der Tag der Verlegung - analog der Zuzahlungsregelung - dem stationären Aufenthalt in der Einrichtung zugeordnet, die den Versicherten aufnimmt.
Beispiel 1:
Sachverhalt:
Aufnahme | am 28.03.2022 |
Entlassung | am 07.04.2022 |
Kassenwechsel | am 01.04.2022 |
Beurteilung:
Es erfolgt eine Aufteilung der Krankenhauskosten anteilig nach den im Krankenhaus verbrachten Kalendertagen:
Anteil Krankenkasse A: für die Zeit 28. - 31.03.2022 (4/11 der Gesamtkosten);
Anteil Krankenkasse B: für die Zeit 01. - 07.04.2022 (7/11 der Gesamtkosten).
Beispiel 2:
Sachverhalt:
Aufnahme | am 09.03.2022 |
Entlassung | am 14.03.2022 |
Wiederaufnahme wegen Komplikationen | am 17.03.2022 |
Entlassung | am 23.04.2022 |
Kassenwechsel | am 01.04.2022 |
Beurteilung:
Es erfolgt eine Aufteilung der Krankenhauskosten anteilig nach den im Krankenhaus verbrachten Kalendertagen:
Anteil Krankenkasse A: für die Zeit 09. - 14. und 17. - 31.03.2022 (21/44 der Gesamtkosten);
Anteil Krankenkasse B: für die Zeit 01. - 23.04.2022 (23/44 der Gesamtkosten).
Beispiel 3:
Sachverhalt:
Aufnahme in Krankenhaus A | am 23.03.2022 |
Verlegung in Krankenhaus B | am 27.03.2022 |
Rückverlegung/Wiederaufnahme in Krankenhaus A | am 31.03.2022 |
Entlassung aus Krankenhaus A | am 11.04.2022 |
Kassenwechsel | am 01.04.2022 |
Beurteilung:
- Krankenhaus A:
Nur die Kosten des Krankenhausfalls im Krankenhaus A sind anteilig nach den im Krankenhaus A verbrachten Kalendertagen aufzuteilen. Der Tag der Verlegung wird - analog der Zuzahlungsregelung - dem stationären Aufenthalt in der Einrichtung zugeordnet, die den Versicherten aufnimmt. Im Krankenhaus A wurden insgesamt 17 Kalendertage verbracht, der Tag der Verlegung in das Krankenhaus B (27.03.2022) bleibt jedoch unberücksichtigt: 23. - 26.03. und 31.03. - 11.04.2022 (16 Kalendertage). Anteil Krankenkasse A für die Zeit 23. - 26.03. und 31.03.2022: 5/16 der Gesamtkosten. Anteil Krankenkasse B für die Zeit 01. - 11.04.2022: 11/16 der Gesamtkosten. - Krankenhaus B:
Der Krankenhausfall im Krankenhaus B ist nicht vom Kassenwechsel betroffen. Die Krankenkasse A hat daher die Kosten des gesamten Krankenhausaufenthaltes zu tragen.
Beispiel 4:
Sachverhalt:
Aufnahme in Krankenhaus A | 23.03.2022 |
Verlegung in Krankenhaus B | 27.03.2022 |
Rückverlegung/Wiederaufnahme in Krankenhaus A | 05.04.2022 |
Entlassung aus Krankenhaus A | 11.04.2022 |
Kassenwechsel | 01.04.2022 |
Beurteilung:
- Krankenhaus A:
Die Kosten des Krankenhausfalls im Krankenhaus A sind anteilig nach den in diesem Krankenhaus verbrachten Kalendertagen aufzuteilen. Im Krankenhaus A wurden insgesamt zwölf Kalendertage verbracht, der Tag der Verlegung in das Krankenhaus B (27.03.2022) bleibt jedoch unberücksichtigt: 23. - 26.03. (vier Tage) und 05. - 11.04.2022 (sieben Tage). Anteil Krankenkasse A für die Zeit 23. - 26.03.2022: 4/11 der Gesamtkosten des Krankenhausfalls im Krankenhaus A. Anteil Krankenkasse B für die Zeit vom 05. - 11.04.2022: 7/11 der Gesamtkosten des Krankenhausfalls im Krankenhaus A. - Krankenhaus B:
Die Kosten des Krankenhausfalls im Krankenhaus B sind ebenfalls anteilig nach den in diesem Krankenhaus verbrachten Kalendertagen aufzuteilen. Im Krankenhaus B wurden insgesamt zehn Kalendertage verbracht, der Tag der Verlegung in das Krankenhaus A (05.04.2022) bleibt jedoch unberücksichtigt: 27.03. - 04.04.2022 (neun Kalendertage). Anteil Krankenkasse A für die Zeit vom 27. - 31.03.2022: 5/9 der Gesamtkosten des Krankenhausfalls im Krankenhaus B. Anteil Krankenkasse B für die Zeit vom 01. - 04.04.2022: 4/9 der Gesamtkosten des Krankenhausfalls im Krankenhaus B.
Die vorstehenden Ausführungen gelten ausdrücklich nur bei Krankenhausbehandlungen von Fallpauschalenpatienten. Bei stationären Krankenhausfällen mit tagesbezogenen Pflegesätzen ist unverändert die Krankenkasse zuständig, bei der am Tag der Behandlung die Versicherung besteht.
Erstattungsansprüche, die sich bei der Leistungsabgrenzung bei Kassenwechsel ergeben, erfolgen auf der Grundlage des § 105 SGB X; d.h. der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.
Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung
Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V hat die Krankenkasse in gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, bei Erbringung der Leistung, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung einzuholen.
Durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz ist die Prüfung seit 01.04.2007 bei der Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V zeitnah durchzuführen. Die Prüfung ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den Medizinischen Dienst dem Krankenhaus anzuzeigen. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale i.H.v. 300,00 EUR zu entrichten (§ 275 Abs. 1c SGB V).
Siehe auch