Überblick: Entsendungen

Werden Beschäftigte ins Ausland entsandt, müssen Unternehmen klären, ob die in Deutschland bestehenden sozialversicherungsrechtlichen Regelungen erhalten bleiben oder ob ausländisches Recht gilt.

Grundsätze bei Entsendungen

Eine Entsendung liegt vor, wenn in Deutschland angestellte Beschäftigte auf Weisung ihres Arbeitgebers ins Ausland gehen und dort einer im Voraus befristeten Tätigkeit nachgehen. Sie begeben sich damit außerhalb des Geltungsbereichs des deutschen Sozialversicherungsrechts. 

Grundsätzlich gilt das Territorialitätsprinzip, wonach sozialversicherungsrechtliche Regelungen nur innerhalb des jeweiligen Beschäftigungslandes gelten. Bei einer Entsendung ist es für alle Beteiligten aber oftmals praktikabler, wenn die bisherige Sozialversicherung im Heimatland fortbesteht. Deshalb gibt es zahlreiche Ausnahmen vom Grundsatz des Territorialitätsprinzips.

Beschäftigungslandprinzip

Welche sozialversicherungsrechtlichen Regelungen angewendet werden können, hängt zunächst einmal davon ab, in welches Land die Mitarbeitenden entsandt werden.

  • Für alle Mitgliedstaaten der EU, die drei Mitgliedstaaten des EWR (Europäischer Wirtschaftsraum, das sind Norwegen, Liechtenstein und Island) und die Schweiz gelten die Regelungen der EU-Verordnungen zur sozialen Sicherheit (VO (EG) 883/04 und VO (EG) 987/09).
  • Auch für das Vereinigte Königreich gelten nach dem Brexit die EU-Verordnungen zum Sozialversicherungsrecht weiter.
  • Für ein Land, mit dem Deutschland ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen hat, werden die Regelungen dieses Abkommens angewendet.
  • Für ein Land außerhalb der EU, mit dem Deutschland kein Abkommen geschlossen hat, gelten die Regeln der Ein- und Ausstrahlung.

Entsendebescheinigung

Die Fortgeltung des heimischen Rechts wird immer mit einer Entsendebescheinigung nachgewiesen. In Europa ist das die A1-Bescheinigung. Für Staaten mit bilateralen Abkommen gibt es jeweils eigene Vordrucke.

Bei einer Entsendung sind arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Regelungen klar zu trennen. Eine A1-Bescheinigung gilt nur für das Sozialversicherungsrecht. Damit wird bestätigt, dass für die Dauer der Entsendung das deutsche Sozialversicherungsrecht anzuwenden ist. Eine A1-Bescheinigung hat keinen Bezug zur EU-Entsenderichtlinie und dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Diese Rechtsnormen regeln arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen.

Entsandte Arbeitnehmer beschäftigen

Die Europäische Union regelt mit der EU-Entsenderichtlinie arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen für Entsendungen. Deutschland hat die Regelungen mit einer am 30. Juli 2020 in Kraft getretenen Reform des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AentG) in nationales Recht umgesetzt und hat damit die überarbeitete EU-Entsenderichtlinie fristgerecht umgesetzt. Seit diesem Zeitpunkt gelten die entsprechenden EU-Vorgaben. Insbesondere wird der Schutz entsandter Arbeitnehmer erweitert.

Auch soll damit das Lohn- und Sozialdumping eingedämmt werden, das bisher durch die unterschiedlichen Lohn- und Sozialstandards innerhalb der Europäischen Union aufgetreten ist. Aufgrund des Prinzips „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ sind deutsche Unternehmen, die Mitarbeitende ins EU-Ausland entsenden, an die Lohnvorschriften und Arbeitsbedingungen des Aufnahmestaates oder Gastlandes gebunden. Dieser Grundsatz gilt umgekehrt entsprechend für nach Deutschland entsandte Beschäftigte. Davon ausgenommen ist nur der Straßenverkehrssektor, da für Mitarbeitende im Speditionswesen gesonderte Regelungen gelten.

Seitdem gilt in Deutschland für Arbeitnehmer ausländischer Unternehmen, dass allgemeinverbindliche Tarifverträge, die höhere Tariflöhne als die Mindestentgelte in den Branchen vorsehen, auch für entsandte Beschäftigte angewandt werden müssen.

Weitere Regelungen:

  • EU-Unternehmen, die in Deutschland aktiv werden, sind verpflichtet, die entsendebedingten Kosten für Unterkunft, Reisekosten oder Verpflegung nach den Regeln des Herkunftslandes zu tragen.
  • Aufwandserstattungen oder Entsendezulagen, also alle Zahlungen, die die Beschäftigten erhalten, um tatsächlich angefallene entsendebedingte Kosten auszugleichen, dürfen nicht mehr auf den Lohn angerechnet werden.
  • Damit entsandte Arbeitskräfte unter angemessenen Bedingungen untergebracht werden, gelten Mindeststandards der Arbeitsstättenverordnung auch für ausländische Arbeitnehmer.

Bei einer länger als zwölf Monate andauernden Entsendung gelten nach Ablauf dieser Zeit für Beschäftigte alle in Deutschland (oder im jeweiligen EU-Gastland) vorgeschriebenen Arbeitsgesetze mit Ausnahme der betrieblichen Altersversorgung. Das gilt auch für tarifvertraglich verbindliche Arbeitsbedingungen. In begründeten Ausnahmefällen können Arbeitgeber eine Fristverlängerung bei der zuständigen Behörde der Zollverwaltung um sechs Monate auf dann insgesamt 18 Monate beantragen. Diese Vorgabe der EU-Entsenderichtlinie stimmt allerdings nicht mit der sozialversicherungsrechtlich möglichen Entsendedauer von 24 Monaten innerhalb der EU überein.

Im Übrigen gelten die Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auch für Leiharbeitnehmer mit Ausnahme von Erstmontage- und Einbauarbeiten, die nur bis zu acht Tage dauern.

Seit 1. August 2022 gibt es insbesondere bei der Entsendung von Mitarbeitenden für Arbeitgeber erweiterte Informationspflichten aufgrund der Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen und der entsprechenden Änderungen im Nachweisgesetz (§ 2 Abs. 2 und 3 NachwG).

Sofern Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung länger als 4 aufeinanderfolgende Wochen im Ausland erbringen, müssen sie in einer Niederschrift informiert werden über

  • das Land (beziehungsweise die Länder), in dem die Arbeit geleistet wird sowie die geplante Dauer,
  • die Währung, in denen die Entlohnung erfolgt,
  • sofern vereinbart, mit dem Auslandsaufenthalt verbundene Geld- oder Sachleistungen, insbesondere Entsendezulagen und zu erstattende Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten,
  • die Angabe, ob eine Rückkehr des Beschäftigten vorgesehen ist und gegebenenfalls die Bedingungen der Rückkehr.

Diese Vorgaben sind auch dann zu erfüllen, wenn der Auslandseinsatz in mehreren Ländern erfolgt, solange keine zeitliche Unterbrechung eintritt. Kurze Inlandsaufenthalte außerhalb der Arbeitsleistungserbringung (wie zum Beispiel Wochenendaufenthalte am Wohnsitz in Deutschland) gelten hierbei nicht als zeitliche Unterbrechung und sind unerheblich.

Wenn die Entsendung in den Anwendungsbereich der EU-Entsenderichtlinie fällt, müssen zusätzlich noch folgende Informationen zur Verfügung gestellt werden:

  • die Entlohnung, auf die der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nach dem Recht des Staates beziehungsweise der Staaten, in dem beziehungsweise in denen die Arbeit geleistet wird, Anspruch hat,
  • der Link zu der offiziellen nationalen Webseite des Aufnahmestaates nach dem Binnenmarkt-Informationssystem (IMI).

Haben Beschäftigte aufeinanderfolgende Arbeitsaufträge in unterschiedlichen Ländern, können diese zusätzlichen Angaben bezüglich aller Arbeitsaufträge zusammengefasst werden.

Stand

Zuletzt aktualisiert: 01.01.2024

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