Mobbing im Homeoffice

Das Homeoffice schützt nicht vor Mobbing. Über die digitalen Wege lässt sich ebenso gut und vielleicht sogar etwas subtiler lästern, anfeinden oder verunglimpfen als im Büro. Wie funktioniert Cybermobbing, wie können Arbeitgeber reagieren und wie lässt sich eine wertschätzende Unternehmenskultur entwickeln, in der Schikane keinen Platz hat?

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Wie Mobbing digital geschieht

Eine Erhebung zum Cybermobbing aus dem Jahr 2021 stellte fest, dass es in Deutschland einen Anstieg von rund 25 Prozent zur vergangenen Erhebung 2018 gegeben hat. In der standardisierten Onlinebefragung unter 4.000 Beschäftigten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gaben über 60 Prozent an, schon einmal in Mobbing- oder digitale Mobbingsituationen involviert gewesen zu sein. In den letzten drei Jahren hat sich die Prävalenzrate (eine Maßeinheit für die Häufigkeit einer bestimmten Krankheit) bei Mobbing um 8,3 Prozent und bei Cybermobbing sogar um 25 Prozent gesteigert. 

Eine rechtlich relevante und allgemein gültige gesetzliche Definition des Begriffs Mobbing existiert nicht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) definiert Mobbing als „das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte“. Der Europäische Gerichtshof hat in einem Urteil von 2018 den Mobbing-Begriff präzisiert: Er sei ein „ungebührliches Verhalten, das über einen längeren Zeitraum, wiederholt oder systematisch in Verhaltensweisen, mündlichen oder schriftlichen Äußerungen, Handlungen oder Gesten zum Ausdruck kommt".

  • Absichtlich übersehen werden: „Ach, das Meeting hätte dich auch interessiert?“, fragt ein Kollege die Kollegin am Folgetag. Obwohl sie Teil des Projekts ist, wurde sie nicht zum digitalen Treffen eingeladen. Das kann passieren, doch wenn es sich häuft, könnte System dahinterstecken. 
  • Seltsames Verhalten: Irgendwie lächeln die Kolleginnen und Kollegen immer so seltsam, wenn ein bestimmtes Teammitglied etwas sagt oder Ergebnisse präsentiert. Und viele schauen nach unten Richtung Tischplatte, um sich parallel auf einem anderen Kanal, zum Beispiel in einer WhatsApp-Gruppe, über diese Person lustig zu machen.
  • Abfällige Bemerkungen: Über Videokonferenzen erhalten Täter Einblick in das private Umfeld des Opfers, können neue Schwächen finden und sie ausschlachten. Hier eine abfällige Bemerkung über das fehlende Make-up der Kollegin, da ein genervtes Stöhnen, weil im Heimbüro des Kollegen im Hintergrund ein Kind schreit.
  • Offen Kritik äußern: Immer wieder wird die Arbeit einer Kollegin oder eines Kollegen im Chat für alle sichtbar kritisiert. Selbst kleinste Fehler werden aufgebauscht.

Auch wenn sich Cybermobbing etwas anders darstellt als das klassische Mobbing im Büro, kann es die gleichen gesundheitlichen Schäden hervorrufen. Dazu zählen unter anderem Herzrasen, Schlafstörungen und Konzentrationsschwächen, aber auch Depressionen, Persönlichkeitsveränderungen und Probleme des Selbstvertrauens. 

Betroffene befinden sich im Dauerstress. Ihr Körper reagiert mit Muskelanspannung, Adrenalin- beziehungsweise Cortisolausschüttung, erhöhtem Blutdruck, abgeflachter Atmung und erhöhter Konzentration von Zucker und Fetten im Blut. Begleitet wird dies von negativen Gefühlen wie Angst, Wut, Hilflosigkeit, Traurigkeit, Wertlosigkeit, innerer „Leere“ oder Enttäuschung. Gedankenkreisen, Gedächtnis- und Konzentrationsverlust sind mögliche Symptome auf der kognitiven Ebene. Opfer weisen doppelt so viele Krankheitstage auf wie Nicht-Betroffene: Mobbing schadet auch dem Unternehmen.

Was Arbeitgeber konkret tun können

Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitenden und auch ein Eigeninteresse. Berichtet ein Betroffener von Mobbing, muss der Arbeitgeber dem nachgehen und das Verhalten abstellen. Es ist besonders wichtig, den Opfern gegenüber Solidarität zu zeigen und verschiedene Hilfsangebote zu machen. Das Wichtigste ist, aus dem Schweigen auszubrechen. 
Arbeitgeber können sich beim Thema Mobbing an diesen sechs Schritten orientieren:

  1. Sie können die von Mobbing betroffenen Beschäftigten dazu anhalten, Belege zu sammeln und ein „Mobbing-Tagebuch“ zu führen, in dem neben eigenen Notizen auch E-Mails oder Screenshots von Textnachrichten gesammelt werden.
  2. Im zweiten Schritt bietet sich ein persönliches Gespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin über die Vorfälle an. Dabei empfiehlt es sich, eine andere Person hinzuzuziehen. Zum Beispiel den Betriebsrat. Fragen Sie die betroffene Person, ob und wen sie dabeihaben möchte. Gemeinsam suchen Sie nach Lösungen.
  3. Dann schließt sich ein Gespräch mit den oder dem Mobbenden an. Auch hier kann eine weitere Person hinzugezogen werden. Als Arbeitgeber machen Sie Ihre ablehnende Haltung gegenüber jeglicher Schikane deutlich. Gemeinsam suchen Sie nach Lösungen und besprechen die Verbesserungsvorschläge, die mit der betroffenen Person erarbeitet wurden.
  4. Der nächste Schritt ist ein gemeinsames Gespräch mit allen Beteiligten. Hier informieren Sie über die entsprechenden Lösungen, Regeln und Sanktionen. Diese werden schriftlich festgehalten und allen zugänglich gemacht.
  5. Nach einem bestimmten Zeitraum laden Sie die Parteien erneut ein. Dort wird geschaut, ob weiterhin Handlungsbedarf besteht oder ob sich die Lage verbessert hat. 
  6. Um weitere Mobbinghandlungen zu verhindern, kommen arbeitsrechtliche Mittel zum Einsatz. Hierzu gehören – je nach Schwere des Falls – die Rüge oder Ermahnung, die Abmahnung, die Versetzung oder als letzte Möglichkeit die Kündigung gegenüber den mobbenden Beschäftigten.

Arbeitgeber profitieren von einer mobbingfreien Unternehmenskultur.
Im eigenen Interesse sind Arbeitgeber mit einem „Wohlfühlklima“ gut beraten:

  • Gesunde und zufriedene Mitarbeitende sind seltener krank.
  • Sie sind flexibler einsetzbar.
  • Beschäftigte denken seltener über einen Jobwechsel nach.
  • Gutes Betriebsklima spricht sich rum und zieht neues Personal an.

So unterstützt die AOK

Beste Voraussetzung, um Mobbing präventiv entgegenzutreten, ist eine offene, die Bedürfnisse und Gesundheit der Beschäftigten respektierende Unternehmenskultur. Das AOK-Programm „Gesund Führen“ gibt Arbeitgebern, Vorgesetzten und Führungskräften Tools und Methoden mit auf den Weg, eine gesundheitsförderliche Unternehmensführung zu entwickeln und zu kultivieren, um Mobbing präventiv entgegenzutreten.

Die AOK-Broschüre „Seelisch gesund im Arbeitsleben" vermittelt Grundkenntnisse, Praxistipps und Handlungshilfen zur psychischen Gesundheit für Mitarbeitende und Führungskräfte.

Im AOK-Podcast „Wertschätzende Kommunikation“ können Arbeitgeber und Führungskräfte von der Personal-Expertin Prof. Jutta Rump erfahren, worauf es in der Kommunikation mit Mitarbeitenden ankommt.

Stand

Erstellt am: 13.01.2023

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