#Schlaf am 24.11.2022

Wunderwaffe Mittagsschlaf – so tankst du tagsüber neue Energie

Eine junge Frau liegt entspannt auf einem grauen Sofa und hält einen Mittagsschlaf.
iStock / fizkes

Wir verraten dir, warum ein Nickerchen in der Mittagspause neue Kräfte verleiht und was du dabei beachten solltest. Dafür haben wir die Schlafexpertin Susanne Müller zum Gespräch gebeten.

In vielen Regionen und Kulturkreisen rund um den Globus ist er ein etablierter Bestandteil des Tagesablaufs – der Mittagsschlaf. Hierzulande bleibt das Nickerchen am Tag dagegen in erster Linie Kindern und Senioren vergönnt. Denn vielerorts gilt der Mittagsschlaf als ein Zeichen von Faulheit. Doch wie steht es eigentlich um die wissenschaftliche Sicht auf den Mittagsschlaf? Was sind seine Vorteile und Nachteile für Gesundheit und Wohlbefinden? Und gibt es Alternativen für die Mittagspause, um neue Energie zu tanken?

Antworten auf diese und weitere Fragen gibt Dipl. Psych. Susanne Müller, freiberufliche Psychologische Psychotherapeutin und Somnologin (DGSM) aus Offenburg, in unserem Interview. 

Frau Müller, welche gesundheitlichen Vorteile bietet ein Mittagsschlaf?

Er bietet dann gesundheitliche Vorteile, wenn ein physiologisches, psychisches oder körperliches Schlafbedürfnis für einen Schlaf zur Mittagszeit besteht. Das Bedürfnis nach Mittagsschlaf ist sehr individuell und stark von kulturellen, familiären und sozialen Faktoren abhängig. In der Regel schlafen Erwachsene bei uns einphasig, erst im späteren Erwachsenenalter zeigt sich vermehrt wieder ein biphasisches Schlafmuster mit zwei Schlafzeiten.

Es ist dabei wichtig zu beachten, dass Tagschlaf und Nachtschlaf zusammengezählt werden müssen. Der Schlafbedarf ist individuell verschieden und kann sowohl lediglich durch Nachtschlaf oder durch eine kurze Tagschlafphase und eine längere Nachtschlafphase erfüllt sein.

Wann ist ein Mittagsschlaf ungesund?

Der Mittagsschlaf sollte nicht zu lange dauern und einem Schlafbedürfnis entsprechen. Mittagsschlaf ist dann „ungesund“, wenn er zur Aufrechterhaltung einer Schlaf-Wach-Rhythmus-Störung oder einer Insomnie (Ein- und Durchschlafstörung) beiträgt.

Wie lange sollte der perfekte Mittagsschlaf bei Erwachsenen sein?

Es gibt keinen perfekten Mittagsschlaf. Der Mittagsschlaf sollte jedoch zur Aufrechterhaltung des Schlaf-Wach-Rhythmus nicht zu lange dauern und keinen Tiefschlaf erreichen. Das heißt, er sollte nicht länger als etwa 15 bis 30 Minuten andauern. Für viele ist es leichter, sich zu entspannen und dann gegebenenfalls einzuschlafen, wenn die Aufwachzeit festgelegt ist. Hierbei ist es sinnvoll, sich einen Wecker zu stellen.

Tipp: Nimm einen Stift in die Hand, bis er runterfällt. So vermeidest du die Tiefschlafphase ohne Wecker.

Wann profitieren wir am meisten von einem kurzen Nickerchen? Gibt es die ideale Uhrzeit?

Es gibt für jede Person individuell eine „ideale“ Uhrzeit für einen kurzen Schlaf zur Regeneration. Dies wird vom Lauf der sogenannten „inneren Uhr“ der Person bestimmt. Allerdings können auch Schlafdefizite das Bedürfnis nach einem Nickerchen forcieren.

In der Regel sollten Tagschlafphasen nicht zu spät erfolgen, da sich sonst die Melatoninausschüttung ebenfalls nach hinten verschiebt und so der chronobiologische Rhythmus durcheinandergerät. Dies gilt insbesondere auch für ältere Menschen, deren Schlaf-Wach-Rhythmus unter anderem durch Veränderungen des Alltags empfindlicher geworden ist.

Wo sollte man am besten seinen Mittagsschlaf halten?

Generell lässt sich ein Mittagsschlaf unter den verschiedensten Rahmenbedingungen halten. Auf jeden Fall braucht es dafür nicht unbedingt ein Bett. Allerdings sollte man eine entspannungsfördernde Umgebung für sein Nickerchen wählen, in der möglichst wenig Lärm herrscht. Am besten sind Telefon und weitere Störquellen ausgeschaltet. Zudem ist eine entspannende Körperhaltung empfehlenswert.

Haben Sie Tipps und Tricks, wie man seinen Mittagsschlaf optimieren kann?

Neben den ungestörten Umgebungsbedingungen und der Dauer ist eines ganz wichtig: Ein Mittagsschlaf darf kein „Muss“ sein.

Mittagsschlaf – drei grobe Kategorien

Es gibt verschiedene Arten von Mittagsschlaf, die sich in Länge und Schlafphasen unterscheiden: der Powernap, das Nickerchen, die Siesta.

  • Der Powernap: Dieser sehr kurze Mittagsschlaf dauert lediglich 15 bis höchstens 30 Minuten. Hierbei bleibst du in der Leichtschlafphase und dein Körper ist wahrnehmungsfähig. Allerdings fahren viele körperliche Prozesse kurz herunter. Der Effekt ist ein Schub für deine Konzentrations-, Leistungs- und Reaktionsfähigkeit.
  • Das Nickerchen: Hierbei schläfst du etwas länger – etwa 30 bis 60 Minuten. Dabei fährt dein Körper komplett herunter und du trittst in die erste Tiefschlafphase ein. Diese endet jedoch durch den Abbruch des Mittagsschlafs abrupt, sodass du dich zunächst noch müde fühlst. Erst nach etwa einer Stunde machen sich die positiven Effekte der Pause bemerkbar.
  • Die Siesta: Hier durchlebst du einen kompletten Schlafzyklus von rund 90 Minuten – von der Einschlafphase und Leichtschlafphase über die Tiefschlafphase bis hin zum finalen REM-Schlaf. Nach einer Siesta erwachst du in der Regel entspannt.

Wie sollte man einen Powernap im Büro gestalten?

Bei einem Powernap im Büro gilt es, besonders auf die Ungestörtheit der Ruhezeit zu achten. Dafür empfiehlt es sich, alle möglichen störenden Dinge, wie Telefon, Handy und PC auf Ruhemodus zu stellen. Darüber hinaus sollte man einen Raum wählen, in dem man für eine halbe Stunde ungestört sein und eine entspannte Körperhaltung einnehmen kann – das geht übrigens auch im Sitzen.

Wenn es im Unternehmen eine Kultur gibt, die einem Powernap positiv gegenübersteht, ist es sicherlich leichter, die dafür nötige Ungestörtheit zu gewährleisten.

Welche Alternativen gibt es für die Mittagspause, sollte einem das Einschlafen nicht gelingen?

Solange man unbedingt einen Mittagsschlaf machen „will“, wird er nur schwer gelingen. Wer auf den Schlaf wartet, bekommt ihn nicht. Der Mittagsschlaf darf nicht zum „Muss“ werden. Um tagsüber neue Energie zu tanken, ist ein Mittagsschlaf jedoch auch nicht zwingend erforderlich. Entspannung, Ruhe, Reduktion oder Veränderung der körperlichen und geistigen Aktivität ist in der Regel ausreichend.

Entspannung heißt dabei nicht, nichts zu tun oder zu denken. Vielmehr kann man seine Gedanken auf eine angenehme, Ruhe signalisierende Situation oder Imagination lenken. Entspannungstechniken wie Autogenes Training, Thai Chi, Yoga oder Progressive Muskelentspannung sind Hilfsmittel, um schnell und effektiv, Kopf und Körper in einen Ruhezustand zu versetzen.

Bewegung und körperliche Aktivität sind ebenfalls eine gute Alternative für eine entspannte Mittagspause. Ein Spaziergang oder eine leichte Bewegungseinheit bei Tageslicht ist dabei besonders günstig. Insbesondere in der Winterzeit sollten wir jede Gelegenheit nutzen, unseren Körper dem Tageslicht auszusetzen. Dies fördert die Synchronisation der inneren Uhr und damit die Stabilisierung des Schlaf-Wach-Rhythmus.

Eine Pause, in der man innehält, die Arbeit wirklich unterbricht und sich einen Moment auf sich und seinen Körper konzentriert, kann genauso effektiv sein wie ein Mittagsschlaf.

Gönnst du dir in der Mittagspause gerne ein Nickerchen?

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