#Atmen am 19.09.2022

Schlafapnoe: Atemlos in der Nacht

Schlafapnoe-Therapie: Eine ältere Frau liegt schlafend in ihrem Bett und trägt eine nCPAP-Maske.
iStock / no_limit_pictures

Wenn die Atmung nachts immer wieder ins Stocken gerät, bleibt die nächtliche Erholung aus. Im Interview erklärt Dr. Michael Barczok, wie er Schlafapnoe-Betroffenen zu einem tieferen Schlaf verhilft.

Schätzungen zufolge leiden etwa drei Prozent der Frauen und fünf Prozent der Männer an einer obstruktiven Schlafapnoe, also verengten oder blockierten Atemwegen. Eine Erkrankung, bei der die Muskulatur in den oberen Atemwegen während des Schlafs erschlafft. Wer darunter leidet, schläft eigentlich genug, fühlt sich jedoch tagsüber trotzdem müde und erschöpft. Wir sprechen mit dem Schlafmediziner Dr. Michael Barczok vom Lungenzentrum Ulm über die Auswirkungen von Schlafapnoe und was man dagegen tun kann.

Herr Dr. Barczok, welche Beschwerden machen Schlafapnoe-Betroffenen zu schaffen?

Die meisten Patienten erzählen mir, dass sie tagsüber müde und unkonzentriert sind. Sie leiden unter extremen Leistungstiefs, die unter anderem die Ausübung ihres Berufs erschweren. Oft gibt aber erst die Partnerin oder der Partner den Anstoß für den Arztbesuch, weil ihr oder ihm das laute Schnarchen mit Atemaussetzern die Nachtruhe raubt. Betroffene selbst merken davon größtenteils nichts.

Welche Folgen haben diese Atemaussetzer?

Der Körper wird nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt, schlägt deshalb Alarm und löst einen Weckreiz aus: Es kommt zu einer starken Stressreaktion, bei der Adrenalin ausgeschüttet wird. Das wiederum begünstigt einen hohen Puls und einen hohen Blutdruck. Teilweise treten die Atemaussetzer mehr als 100-mal pro Nacht auf und unterbrechen immer wieder den Tiefschlaf.

Was löst die nächtlichen Atempausen aus?

Im Schlaf entspannen sich all unsere Muskeln. Auch die Muskulatur im Mund lässt locker. Das kann dazu führen, dass die Zunge erschlafft, in den Rachen rutscht und die oberen Atemwege einengt.

Für besseren Schlaf: Präventionsmaßnahmen der AOK Baden-Württemberg

Guter Schlaf ist wichtig für die Gesundheit. Eine Schlafapnoe stört den Schlaf und erhöht langfristig auch das Risiko für andere Erkrankungen, welche die Lebensqualität stark beeinträchtigen können. Dazu gehören unter anderem nächtliche Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, erhöhtes Risiko für Herzinfarkt bis hin zum Schlaganfall. Genau hier setzt das FacharztProgramm im Fachgebiet Pneumologie an, den die AOK Baden-Württemberg gemeinsam mit ihren Vertragspartnern Medi Baden-Württemberg sowie dem Berufsverband der Pneumologen in Baden-Württemberg (BdP) auf den Weg gebracht hat.

Patienten mit einer Schlafapnoe benötigen häufig eine intensivere Betreuung. „Der Vertrag trägt dieser Anforderung in besonderer Weise Rechnung und ermöglicht eine qualifizierte bedarfsorientierte Versorgung, die eine umfassende biopsychosoziale Anamnese und Behandlung umfasst“, sagt Frank J. Heimann, erster Vorsitzende des BdP in Baden-Württemberg. Versicherte mit schlafbezogenen Atmungsstörungen, die am Haus- und FacharztProgramm der AOK teilnehmen, erhalten eine engmaschige Versorgung, die alle relevanten Fach-Experten in die Therapie miteinbezieht.

Müsste dann nicht jeder Mensch im Schlaf unter den Atemaussetzern leiden?

Nein, denn beim Verschließen des Rachenweges spielen häufig Besonderheiten im Mund- und Rachenraum eine Rolle: unter anderem vergrößerte Mandeln, ein zu kleiner Unterkiefer oder die Lage der Zunge. Neben den anatomischen Merkmalen spielt aber vor allem Übergewicht eine entscheidende Rolle: Mehr als drei Viertel der Schlafapnoe-Patienten sind stark übergewichtig. Bei ihnen drücken Fettgewebspolster im Nacken und Halsbereich auf den Rachen und erschweren das Atmen.

Kann die Erkrankung behandelt werden?

Schlafapnoe begleitet Patienten ein Leben lang. Die gute Nachricht: Es gibt Behandlungsmöglichkeiten, durch die sich Beschwerden wie Tagesmüdigkeit oder körperliche Abgeschlagenheit zurückbilden. Als die gängigste Therapie gilt die nasale Überdruckbeatmung (nCPAP), also eine Schlafmaske, die nachts getragen wird. Sie erzeugt einen Luftstrom, der die oberen Atemwege im Schlaf offenhält.

Viele Patienten fühlen sich dank Schlafmaske – die sie jede Nacht tragen – wie neugeboren! Trotzdem gilt: Heilen lässt sich die Erkrankung nicht. Übergewichtigen Patienten rate ich deshalb, abzunehmen. Denn wenn es gelingt, Gewicht zu verlieren, werden Schlafapnoe-Episoden seltener und die Lebensqualität verbessert sich.

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