#Long-COVID am 05.12.2022

Long-COVID: Das weiß die Medizin über die Langzeitfolgen einer Corona-Infektion

Eine Frau mit Long-COVID sitzt erschöpft unter der Bettdecke und sucht nach Hilfe mit ihrem Handy.
iStock / Maria Korneeva

Die meisten Menschen überstehen eine COVID-19-Infektion ohne größere Probleme. Doch nicht alle werden innerhalb weniger Tage und Wochen wieder ganz gesund. Einige Betroffene leiden noch Monate nach der Infektion unter starker Erschöpfung, Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten.

Bei manchen treten diese Beschwerden sogar erst nach der Infektion neu auf. Für dieses Beschwerdebild gibt es noch keine einheitliche Definition. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert solche körperlichen, kognitiven und psychischen Symptome, welche die Funktionsfähigkeit im Alltag negativ beeinflussen, innerhalb von drei Monaten nach einer Infektion auftreten und mindestens zwei Monate andauern, als Post-COVID-19-/Long-COVID-19-Erkrankung. Die Symptome sollten dabei nicht durch andere Erkrankungen erklärbar sein.

Welche Symptome verursacht Long-COVID?

Der Verlauf einer Corona-Infektion ist unterschiedlich, bei einigen ist er so leicht, dass sie gar nicht erst merken, dass sie infiziert sind, bei anderen ist er so schwer, dass sie daran versterben. Die Mehrzahl derjenigen, die eine Corona-Infektion durchgemacht haben, erholt sich nach dem Abklingen der Erkrankung wieder vollständig. Doch es kann auch sein, dass Betroffene längerfristig mit körperlichen, kognitiven oder psychischen Beschwerden belastet sind.

Die Beschwerden, die bei einem Long-/Post-COVID-Syndrom auftreten können, sind vielfältig. Besonders häufig wird von schneller Erschöpfbarkeit (Fatigue-Syndrom), Atemnot und kognitiven Störungen berichtet. Weitere bekannte Symptome sind: 

  • Geruchs- und Geschmacksstörungen
  • Muskelschwäche und -schmerzen
  • Schlafstörungen
  • Depressionen
  • Angststörungen

Die Beschwerden können einzeln, aber auch in Kombination auftreten und unterschiedlich lange anhalten. Da die beschriebenen Symptome unspezifisch sind, muss immer auch ausgeschlossen werden, dass andere Erkrankungen die Ursache für diese Beschwerden sind.

Wie häufig tritt Long-COVID auf?

Wie häufig Long-COVID nach einer Corona-Infektion auftritt, lässt sich nur abschätzen. Je nach Studie wird die Zahl der Betroffenen zwischen 7,5 Prozent und 41 Prozent angegeben. Auch bei Kindern und Jugendlichen kann Long-COVID auftreten. Allerdings ist noch unklar, wie häufig und wie stark sie betroffen sind. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass die Virusvariante einen Einfluss auf das Long-COVID-Risiko hat.

Laut einer aktuellen Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) waren in der Nachbeobachtungszeit der Coronawelle, in der die Omikron-Varianten dominierten, 2,1 Prozent der erwerbstätigen AOK-Versicherten nach einer akuten Corona-Infektion wegen Long-COVID oder Post-COVID krankgeschrieben. In der Krankheitswelle, in der die Delta-Variante die Mehrzahl der Erkrankungen auslöste, waren es noch 6,3 Prozent.

Für die AOK Baden-Württemberg ergab die Auswertung des WIdO folgende Ergebnisse: 377.567 erwerbstätige Versicherte haben seit Pandemiebeginn im Zusammenhang mit einer COVID-19-Infektion ihrem Unternehmen gefehlt. Etwa 11.000 (2,9 Prozent) von ihnen waren anschließend laut der Diagnosen ihrer Arbeitsunfähigkeitsmeldung von Long-COVID oder Post-COVID betroffen.

Im Schnitt fehlten sie ihrem Unternehmen sechseinhalb Wochen. Dabei waren Menschen über 60 mehr als viermal so häufig betroffen als unter 29-Jährige. Die Ergebnisse zeigten auch, dass Frauen prozentual häufiger an diesen Folgen der Corona-Infektion litten als Männer. Auch Menschen mit Vorerkrankungen wie zum Beispiel chronischen Lungenerkrankungen oder Diabetes scheinen ein erhöhtes Risiko zu haben, Langzeitfolgen zu entwickeln.

Die Landesregierung geht davon aus, dass in ganz Baden-Württemberg rund 70.000 Menschen von Long-COVID oder Post-COVID betroffen sind.

Koordinierte Versorgung im Haus- und FacharztProgramm

Menschen, die von längerfristigen Beschwerden nach einer COVID-Infektion betroffen sind und am Haus- und FacharztProgramm der AOK teilnehmen, profitieren von einer strukturierten ganzheitlichen Versorgung und einer umfassenden Beratung zu Unterstützungsmöglichkeiten bei Long-COVID. Ziel ist es, Risikopatienten zu identifizieren und je nach individuellem Bedarf zu beraten. Dies insbesondere in den Fachgebieten Lungenheilkunde, Kardiologie, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Haus- und Facharztpraxis handeln eng vernetzt. Beraten wird insbesondere zu:

  • Alltagsbewältigung
  • Lebensstil
  • Wiedereingliederung in den Beruf
  • Rehabilitation
  • verlässlichen Informationsquellen

Im Falle einer medizinischen Rehabilitation, die ambulant oder stationär möglich ist, erfolgt auch die Koordination der Maßnahmen über die Praxen. Je nach Bedarf kann zur Unterstützung auch der Soziale Dienst der AOK in die Versorgung eingebunden werden.

Wie wird Long-COVID behandelt?

Eine Behandlung, die direkt an den Ursachen von Long- oder Post-COVID ansetzt, gibt es zurzeit noch nicht. Die Medizin kann lediglich versuchen, die Beschwerden dieser Erkrankung zu lindern und durch eine frühzeitige Behandlung der Symptome die vollständige Genesung zu unterstützen. Es besteht die Möglichkeit, sich mit einer Impfung gegen das Coronavirus zu schützen. Die Impfung bietet zwar keinen hundertprozentigen Schutz vor einer Infektion und damit auch nicht vor Long-COVID, allerdings kann sie die Infektion bzw. die Langzeitfolgen abmildern.

Bei vielen Betroffenen lassen die Beschwerden innerhalb der ersten Wochen und Monate nach einer Corona-Infektion auch ohne Behandlung nach oder verschwinden ganz. Bei anhaltenden Beschwerden ist eine gestufte Versorgung notwendig. Dafür ist die Hausarztpraxis die erste Anlaufstelle. Sie übernimmt die Lotsenfunktion und koordiniert die verschiedenen Diagnostik- und Behandlungsmaßnahmen, die im individuellen Krankheitsfall sinnvoll sind.

Dies kann zum Beispiel auch die Verschreibung ambulanter Physio- und Ergotherapie umfassen. Unter bestimmten Bedingungen erfolgt zum Beispiel die Überweisung zum Facharzt. Sind mehrere Organsysteme betroffen, werden häufig auch mehrere Fachdisziplinen eingebunden. Das können beispielsweise die Lungenheilkunde, die Kardiologie, die Neurologie und die Psychiatrie sein.

Je nach Schweregrad und Beschwerdebild kann von dort auch die Überweisung in eine Spezialambulanz erfolgen. Die ambulante oder stationäre Rehabilitation hat den Vorteil, dass besonders belastete Erkrankte aus ihrem Alltag herausgenommen werden. In der spezialisierten Rehabilitation wird für schwerer Erkrankte Atemtherapie, Physiotherapie, Ergotherapie oder auch neuropsychologisches Training angeboten.

Solche Maßnahmen können kombiniert mit aktivem Selbstmanagement den Genesungsprozess unterstützen. Deshalb stellt der Long-COVID-Coach kostenlos wesentliche Informationen sowie insbesondere Online-Erklär- und Übungsvideos zur Verfügung, die Betroffenen helfen, ihre Erkrankung besser zu verstehen und Symptome wie unter anderem Energiemangel (Fatigue), Schwindel, Konzentrationsstörungen oder Atemnot zu lindern.

Die Übungen sollten ergänzend zur ärztlichen Behandlung und nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin eingesetzt werden. So lernen Betroffene zum Beispiel, wie sie ihre Atemmuskulatur nach einer Corona-Infektion gezielt stärken. Der Long-COVID-Coach wurde gemeinsam von der AOK und der Uni Heidelberg entwickelt.

Long-COVID nach einer Corona-Infektion

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