#Klettern am 19.05.2022

Lebensgefühl Klettern: Ausnahmetalent Emil Zimmermann im Gespräch

Klettern: Ein junger, durchtrainierter Mann erklimmt eine Kletterwand.
Stocksy / Jovana Milanko

Wir sprechen mit dem Kletter-Ass über seine noch junge Sportlerkarriere, erklären, was Bouldern eigentlich genau ist, und geben Tipps für Kletterhallen in Baden-Württemberg.

Hoch hinaus: Der 18-jährige Emil Zimmermann aus Freiburg zählt zu den besten Nachwuchskletterern in Deutschland. Er gehört dem Junioren-Nationalkader an. Seinen jüngsten Erfolg feierte Emil im April auf dem European Youth Cup (EYC) in Chambéry in Frankreich. Hier sicherte er sich den Sieg beim Boulder-Wettkampf und gewann damit seine zweite internationale Goldmedaille. Mit uns spricht er über seine Kletter-Leidenschaft, gewährt Einblicke in seinen Trainingsalltag und gibt Tipps für Kletter-Neulinge.

Emil Zimmermann in einer Kletterhalle.
Emil Zimmermann

Emil, wann hat dich das Kletterfieber gepackt?

Meine Eltern haben mich bereits als kleines Baby, bevor ich überhaupt laufen konnte, in Kletterhallen und an den Fels mitgenommen. Mit vier oder fünf Jahren bin ich dann in meine erste Jugendgruppe gekommen. Ich hatte schon von Beginn an totalen Spaß am Klettern. Und nach meinem ersten Wettkampf mit sechs oder sieben Jahren habe ich mich Schritt für Schritt immer weiter hochgearbeitet.

Was ist für dich das Besondere am Klettern?

Im Gegensatz zu anderen Sportarten gibt es beim Klettern unendlich viele Möglichkeiten an Bewegungen – man nutzt seinen ganzen Körper. Dazu kommt noch der Adrenalinkick, besonders beim Wettkampfklettern, wo ich der Konkurrenz und dem Publikum zeigen kann, was ich draufhabe. Zudem macht es mir Spaß, ein bisschen im Rampenlicht zu stehen.

Beim Klettern am Fels kommt die Verbundenheit zur Natur noch dazu. Hier ist man im Gegensatz zum Wettkampf meistens allein für sich und geht das Ganze entspannter an. Das fühlt sich fast ein bisschen wie Urlaub an.

Kletterst du lieber in der Halle oder draußen am Fels?

Ich mag das Klettern in der Halle zwar sehr gerne, bin aber generell lieber am Fels. Vor allem das Training bereitet mir draußen mehr Freude. Wobei Wettkämpfe in der Halle schon fast an Felswände herankommen

Stichwort Training: Wie oft und wie lange trainierst du in der Woche?

Das ist je nach Phase recht unterschiedlich. In der Wettkampfphase mache ich meistens zwei Tage lang vor einem Wettkampf Pause, um fit zu sein. Ansonsten trainiere ich etwa 15 bis 20 Stunden in der Woche. Diese sind dann auf mehrere Kletter-Sessions verteilt.

Gibt es dabei auch Dinge, auf die du überhaupt keine Lust hast?

Also Dehnen ist bei jedem, den ich kenne, nicht gerade der beliebteste Teil des Trainings. Aber so richtig schlimm finde ich persönlich eigentlich nichts. Ich kann mich gut motivieren und habe auch immer Lust auf das Training.

Klettern: Die Disziplinen im Wettkampfsport

Beim Wettkampf im Klettern unterscheidet man hierzulande drei Disziplinen. Diese werden in den Altersgruppen unterschiedlich bewältigt. Ab einem Alter von elf Jahren nehmen Jugendliche an Jugendcups teil. Sie umfassen sechs Wettkämpfe pro Saison, mit jeweils zwei Runden pro Disziplin.

Die verschiedenen Kletter-Disziplinen im Überblick:

1. Speedklettern: Wie der Name schon sagt, geht es bei dieser Disziplin um Schnelligkeit. Die Athleten müssen eine weltweit genormte Route, bei der die Länge und Neigung der Wand sowie die Größe, Form und Position der Griffe und Tritte immer identisch sind, schnellstmöglich nach oben klettern. Am Ende der Route müssen sie auf einen Buzzer schlagen, woraufhin die Zeit gestoppt wird.

2. Lead-Klettern (Vorstiegsklettern): Das Klettern mit Seil ist die traditionellste Disziplin. Man bezeichnet es auch als Vorstiegs- oder Schwierigkeitsklettern. Hierbei muss eine definierte Route in einer vorgegebenen Zeit möglichst sturzfrei durchklettert werden – beziehungsweise sollte man höher als die anderen Starterinnen und Starter kommen.

3. Bouldern: Das bedeutet Klettern ohne Seil in Absprunghöhe – also einer Höhe, aus der man noch ohne Verletzungsgefahr abspringen kann. Weichbodenmatten sollen bei einem eventuellen Sturz vor Verletzungen schützen. In den vergangenen Jahren hat Bouldern eine rasante Entwicklung durchlaufen. Bei dieser Kletterdisziplin werden in verschiedenen Wandstrukturen bis zu viereinhalb Meter Höhe jeweils neue Probleme (Routen) geschraubt, welche die Athleten in möglichst wenigen Versuchen klettern sollen.

Welche Kletter-Disziplin liegt dir am meisten und welche eher weniger?

Speedklettern mache ich zum Beispiel gar nicht. Dafür fehlt mir einfach die physische Veranlagung. Dagegen kann ich auch mit ausgiebigem Training nicht viel ausrichten. Generell gefällt mir Bouldern bedeutend besser, da es viel abwechslungsreicher ist. Früher lag mir eher das Lead-Klettern.

Im Winter 2019/2020 habe ich jedoch noch einen physischen Schub bekommen, sodass ich etwas schwerer wurde. Im Wettkampf merkte ich dann schnell, dass mir das beim Bouldern von der Statur her mehr Vorteile verschafft – im Lead-Klettern dagegen eher weniger. Mein Ausdauer-Niveau war für Letzteres nicht mehr ausreichend. Seitdem konzentriere ich mich auf das Bouldern.

Wie wichtig ist neben der Physis die mentale Stärke beim Klettern?

Die Psyche beziehungsweise mentale Stärke ist superwichtig beim Klettern. Tatsächlich bin ich im Wettkampf etwa 95 Prozent meiner Konkurrenten physisch unterlegen. Aber ich kann diesen Nachteil durch meine Psyche wieder wettmachen. Ich schaffe es meistens sehr gut, mich auf den Punkt zu konzentrieren, um meine Leistung abrufen zu können. Die Fähigkeit, sich zu pushen und zu motivieren, ruhig zu bleiben und präzise zu sein, spielt beim Klettern eine enorme Rolle. Zudem hat meine Wettkampf-Routine mittlerweile mein Selbstbewusstsein gesteigert und ich weiß genau, was ich kann.

Kennst du als Kletterprofi eigentlich das Gefühl von Höhenangst?

Ja, tatsächlich schon. Wenn ich beispielsweise an Felswänden eine sehr hohe Route klettere und weiß, wenn ich jetzt falle, dann falle ich sehr tief, bin ich definitiv nervös. Aber generell blendet man dieses Gefühl aus und fokussiert sich komplett auf das Klettern.

Hast du Tipps für Kletter-Neulinge, die sich zum ersten Mal an die Wand wagen möchten?

Man sollte sich immer vor Augen führen, dass es beim Klettern nicht auf die körperliche Stärke ankommt, sondern vielmehr auf die Beweglichkeit und Technik. Das macht den größten Teil aus. Dinge wie Hüftschwung und Hüftposition, also Mittel- und Schwerpunkt vom Körper, von wo aus so ziemlich alle Bewegungen ausgehen, sind Voraussetzungen für den Sport. Wer damit gut arbeiten kann, hat schon mal sehr viel gewonnen.

Wer als Anfänger schnell gut werden möchte, sollte zudem seine Fußtechnik trainieren – also lernen, wie man die Füße richtig positioniert. Und sich eher auf verschiedene Bewegungsspiele an der Wand konzentrieren, statt übermäßiges Krafttraining zu machen.

Kletterhallen in Baden-Württemberg

Du möchtest deine ersten Kletterversuche an der Boulderwand starten? Bei uns im Ländle ist das dank diverser hervorragend ausgestatteter Kletterzentren kein Problem. Wir haben für dich einige Kletterhallen herausgesucht, wo du dich austoben kannst.

Diese Website nutzt Google Maps - zur Aktivierung klicken Sie auf den Button. Damit stimmen Sie einer Übertragung von Daten an Google während der Nutzung zu. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Bist du schon einmal geklettert?

38 Personen haben abgestimmt
Experten-Antworten erhalten und mitdiskutieren

Melde dich jetzt an für Kommentare, Diskussionen und kompetente Antworten auf deine Fragen.

    War nichts dabei?

    Einfach nochmal die Suche verwenden.
    oder
    Frage stellen