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Alternative zu Zucker: Ist Stevia ungesund oder unbedenklich?

Veröffentlicht am:25.05.2021

5 Minuten Lesedauer

Stevia ist neben anderen Süßungsmitteln eine bei vielen Menschen beliebte Alternative zum normalen Zucker. Neben verschiedenen gesundheitlichen Vorzügen bringt der Zuckerersatz aber auch einige Nachteile mit sich.

Stevia wurde zum Süßen des Getränks benutzt.

© iStock / krblokhin

Süßstoffe als Zuckerersatz

Stevia ist gefragt, denn der Verzicht auf Zucker liegt im Trend. Meist stecken gesundheitliche Gründe dahinter. Denn Zucker hat nicht nur viele Kalorien. Er fördert auch die Entstehung von Karies und hat einen ungünstigen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. Wer sich gesundheitsbewusst ernähren und trotzdem nicht auf den süßen Geschmack verzichten möchte, kann zu alternativen Süßungsmitteln greifen. Neben Zuckerersatzstoffen, wie dem seit Jahren bekannten und beliebten Xylit, kamen in den vergangenen Jahren eine Vielzahl neuer Süßungsmittel hinzu. Seit Dezember 2011 ist Stevia, oder genauer Extrakte aus Steviakraut, als Süßstoff für diverse Lebensmittel erlaubt.

Was ist Stevia?

Die Stevia-Pflanze (Stevia rebaudiana bertoni) ist in Südamerika heimisch und wird dort seit Jahrhunderten wegen ihrer süßenden Eigenschaften geschätzt. Sie ist auch als Honigkraut oder Süßkraut bekannt. Mittlerweile wird sie auch in China angebaut. Die Blätter der Pflanze enthalten süß schmeckende Pflanzenstoffe, auch Steviolglycoside genannt. In Südamerika trocknet und zerkleinert man die Blätter der Steviapflanze und süßt damit Tees und Speisen.

Wer hierzulande von Stevia spricht, meint in der Regel ein Stoffgemisch aus Steviolglycosiden. Diese werden mithilfe eines mehrstufigen chemischen Verfahrens aus den Blättern der Steviapflanze gewonnen.

Die süß schmeckenden chemischen Verbindungen sind unter der Bezeichnung E 960 als Süßungsmittel in verschiedenen Lebensmitteln enthalten. So findet man den Stoff etwa in Erfrischungsgetränken, Süßigkeiten, wie Schokolade und Lakritze, Marmeladen oder verarbeiteten Milchprodukten, wie Joghurt. Aus Steviaextrakten werden auch sogenannte Tafelsüßen in Form von Streu- oder Flüssigsüße sowie Tabletten oder Kosmetikartikel hergestellt.

Warum ist Stevia so beliebt?

100 Gramm normaler Haushaltszucker enthält etwa 400 Kilokalorien. Steviolglycoside dagegen sind kalorienfrei, denn der menschliche Körper kann sie nicht verdauen und scheidet sie unverwertet wieder aus. Das macht Stevia nicht nur zu einem beliebten Zuckerersatz für Kalorienbewusste. Auch auf den Blutzuckerspiegel hat der Süßstoff keinen Einfluss. Denn anders als bei normalem Haushaltszucker kann der Darm die Steviolglycoside nicht in verwertbare Einfachzucker aufspalten und ins Blut abgeben. Der Zucker- und auch der Insulinspiegel im Blut bleiben daher trotz der süßen Mahlzeit gleich. Aus diesem Grund ist Stevia auch für Diabetiker als Süßungsmittel geeignet.

Stevia in Tablettenform als Zuckerersatz

© iStock / nikkimeel

Ist Stevia ein natürliches Süßungsmittel?

Das reine Kraut der Pflanze ist nicht als Lebensmittel zugelassen. Denn Steviakraut gehört zu den „Neuartigen Lebensmitteln“ (Novel Food), also um ein Produkt, das es vor 1997 in der Europäischen Union praktisch nicht gegeben hat. Novel Food benötigt, anders als traditionelle Lebensmittel, eine behördliche Zulassung, mit der die gesundheitliche Unbedenklichkeit sichergestellt werden soll. Einzige Ausnahme: In Kräuter- und Früchteteemischungen sind getrocknete Steviablätter als Zutat erlaubt.

Steviakraut gesundheitlich zu beurteilen, ist schwer. Je nach Standort, Zuchtlinie und Wachstumsbedingungen unterscheiden sich die Pflanzen in ihren Inhaltsstoffen zum Teil erheblich. Zudem fehlen umfangreiche Studien, welche die Wirkung ganzer Steviablätter untersucht haben.

Die bei uns verwendeten Steviolgycoside werden daher industriell hergestellt und müssen genau definierte Reinheitsanforderungen erfüllen. Das dadurch entstandene Süßungsmittel E 960 enthält so immer die gleichen chemischen Bestandteile. Das ist wichtig, um deren Sicherheit leichter bewerten zu können. Ähnlich wie bei normalem Zucker, der aus Rüben gewonnen wird, ist der Rohstoff bei Stevia natürlichen Ursprungs. Das Produkt selbst hat aber mit „Natürlichkeit“ nur noch wenig zu tun.

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Wie schädlich ist Stevia?

Es gibt Hinweise, dass bestimmte Inhaltsstoffe der Steviapflanze in hohen Dosen Krebs auslösen und das Erbgut schädigen können. Außerdem gehört die Steviapflanze zu den sogenannten Korbblütengewächsen. Diese sind für ihr hohes Allergierisiko bekannt.

Daher hat das gemeinsame Komitee der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Joint FAO/WHO Expert Commitee on Food Additives) Steviolglycoside auf ihre potenziell schädliche Wirkung hin überprüft. In diesem Rahmen wurde eine empfohlene tägliche Maximaldosis festgelegt, der sogenannte ADI-Wert. ADI steht für Acceptable Daily Intake, also unbedenkliche tägliche Dosis. Der ADI-Wert gibt entsprechend die Menge eines Stoffes an, die täglich aufgenommen werden kann, ohne dass dadurch gesundheitliche Schäden zu erwarten sind.

Für Stevia liegt der ADI-Wert bei vier Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Wer 60 Kilogramm wiegt, darf also pro Tag maximal 240 Milligramm Stevia zu sich nehmen. Die European Food and Safety Authority (EFSA) hat diese Ergebnisse bestätigt und kontrolliert den ADI-Wert laufend. Eine krebserregende und erbgutschädigende Wirkung ist demnach ausgeschlossen, solange die tägliche Höchstmenge eingehalten wird. Damit dieser festgelegte Wert nicht überschritten wird, dürfen Lebensmittel nur geringe Mengen Stevia enthalten. Diese sind für einzelne Lebensmittelgruppen genau festgelegt und dürfen nicht überschritten werden.

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Welche Nachteile hat Stevia?

Der Verzehr von Stevia bringt neben gesundheitlichen Vorteilen also auch einige Nachteile mit sich. Vor allem ist es nicht leicht, die täglich erlaubte Höchstmenge von vier Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht einzuhalten. Denn in der EU gibt es mehr als 30 verschiedene Lebensmittelgruppen, die Steviolglycoside enthalten dürfen.

Wer regelmäßig Lebensmittel aus mehreren dieser Gruppen isst, kann die festgelegte Maximaldosis unbemerkt leicht überschreiten. Auch wer nur noch Limonade trinkt, die mit Steviolglycosiden gesüßt ist, nimmt möglicherweise zu viel von dem Süßungsmittel auf. Besonders Kinder erreichen aufgrund ihres geringen Körpergewichts schnell die Obergrenze. Sie sollten beim Verzehr von Steviaprodukten also stets auf die angegebenen Inhaltsmengen achten.

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Vorteile und Nachteile beim Kochen mit Stevia

Steviolglycoside sind gut wasserlöslich und auch hitzestabil. Bei Getränken lässt sich normaler Haushaltszucker daher relativ einfach durch Steviolglycoside ersetzen. Schwieriger wird es bei anderen Lebensmitteln. Wer zum Beispiel versuchen möchte, mithilfe von Steviolglycosid-Tafelsüße einen Kuchen zu backen, muss das Rezept anpassen. Steviaextrakt ist 200- bis 400-mal süßer als Haushaltszucker, dementsprechend weniger sollten Sie davon verwenden. Das fehlende Volumen des Zuckers können Sie zum Beispiel mit Haferflocken oder gemahlenen Nüssen ersetzten.

Dabei ist zu beachten, dass die Süße bei Stevia relativ langsam einsetzt und in höheren Dosen zu einem lakritzartigen, bitteren Beigeschmack führt. Auch die für viele Backwaren typische Bräunung und Kruste bildet sich ohne Zucker nicht.

Preis und Nachhaltigkeit von Stevia

Tafelsüße mit Steviolglycosiden ist sehr viel teurer als Haushaltszucker oder andere Süßstoffe. Zudem enthält diese oft trotzdem Zucker als Füllstoff und ist somit nicht kalorienfrei. Ein genauer Blick auf die Inhaltsstoffe lohnt sich daher. Und auch in puncto Nachhaltigkeit ist Stevia nicht optimal. Der Rohstoff hat oft einen weiten Weg hinter sich, bis er zu uns gelangt. Dadurch belastet Stevia die Umwelt und das Klima.

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